rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Rechnungstellung für den Vorsteuerabzug. Lieferung eines Gegenstandes bei Finanzierungsleasing und sale and lease back. Vorsteuerabzug bei Betrug

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung seiner Voraussetzungen ermöglichen.

2. Der Vermerk auf der Rechnung „wie übergeben spielfertig” ist dahin zu verstehen, dass die Lieferung zum Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung erfolgt ist.

3. Der Leistungsgegenstand ist in der Rechnung auch dann hinreichend bestimmt, wenn auf die Beschreibung des Gegenstands der Lieferung in anderen Unterlagen Bezug genommen wird.

4. Zur Lieferung eines Gegenstandes ist die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag, nicht jedoch die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums erforderlich.

5. Dem Vorsteuerabzug steht es nicht entgegen, dass der Leistungsempfänger Opfer eines Betrugs geworden ist.

6. Eine Korrektur des Vorsteuerabzugs ist in dem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem klar ist, dass ein Betrug vorliegt.

7. Der Vorsteuerabzug für die Lieferung eines nicht existenten Gegenstandes ist ausgeschlossen.

8. Liegt bei einem sale-and-lease-back Vertrag keine Lieferung des Leasinggegenstandes vor, ist der Vorsteuerabzug des Leasingnehmers ausgeschlossen.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6, Abs. 5, §§ 14a, 3 Abs. 1; UStDV § 31 Abs. 3; EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.03.2016; Aktenzeichen V R 41/15)

 

Tenor

1. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 30. März 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2011 wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 152.000 EUR herabgesetzt wird.

2. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 2009 vom 30. März 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. November 2011 wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um 57.000 EUR herabgesetzt wird.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens werden zu 42 % dem Kläger und zu 58 % dem Beklagten auferlegt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten, die dem Beklagten auferlegt worden sind, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) aus vier Eingangsrechnungen des Klägers.

Der Kläger ist umsatzsteuerlicher Unternehmer und unterliegt der Regelbesteuerung. Gegenstand seines Unternehmens ist die Vermietung von Maschinen und lndustrieanlagen verschiedener Art im Rahmen des Industrieleasings. Konkret bietet er Finanzdienstleistungen an und vermietet oder verleast Wirtschaftsgüter an Unternehmen, in dem er entweder Wirtschaftsgüter kauft und an Dritte verleast, oder indem er im sog. „sale and lease back-Verfahren” direkt vom Eigentümer kauft und an diesen dann das Wirtschaftsgut verleast.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Juni 2009 für die Kalenderjahre 2005 bis 2007 stellte die damalige Prüferin fest, dass die vorgelegte Rechnung vom 10. August 2007 (Bl. 4 Rechtsbehelfsakten), ausgestellt von einer „Firma X”, A-Straße 1-3 in Y, über die Veräußerung von 24 xxx zzgl. Zubehör zu einem Nettopreis von 723.500 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer (137.465 EUR) nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Rechnung genügte. Die auf der Rechnung ausgewiesene Steuernummer sowie die Umsatzsteueridentifikationsnummer waren der Z-GmbH (künftig: Z-GmbH) zuzuordnen. Daher versagte die Prüferin den Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung in Höhe von 137.465 EUR.

Aufgrund der Prüfungsfeststellung setzte sich der Kläger mit dem Rechnungsaussteller in Verbindung und erhielt am 15. Juni 2009 von der Z-GmbH eine berichtigte Rechnung mit Rechnungsdatum „10. August 2007” mit gleichem Inhalt, aber entsprechend geändertem Briefkopf (siehe Bl. 5 Rechtsbehelfsakten). Nunmehr war die Z-GmbH und nicht mehr die Firma X Rechnungsausstellerin. Den Vorsteuerabzug in Höhe von 137.465 EUR aufgrund der berichtigten Rechnung machte der Kläger im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2009 geltend. Am 4. Februar 2010 reichte der Kläger seine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2008 sowie am 21. April 2010 diejenige für 2009 beim Beklagten ein. Hierin berechnete er folgende Umsatzsteuerbeträge:

2008

2009

auf Lieferungen und sonstige Leistungen entfallende Umsatzsteuer

133.997,59 EUR

90.459,87 EUR

Vorsteuerbeträge

174.623,72 EUR

199.372,56 EUR

Umsatzsteuer

./. 40.626,13 EUR

./. 108.912,69 EUR

Diese Erklärungen kamen einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Z-GmbH im Jahr 2010 durch das Finanzamt C stellte sich heraus, dass die Z-GmbH nicht Eigentümerin der veräußerten xxx gewesen war. Des Weitere...

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