Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeldanspruch bei Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kind befindet sich nicht mehr in Berufsausbildung und wird bei der Gewährung von Kindergeld nicht berücksichtigt, wenn es nach der Erbringung aller Prüfungsleistungen, bzw. nach der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt. Dies gilt auch dann, wenn es sich vor der Aufnahme der Vollzeiterwerbstätigkeit für eine weitere Ausbildung beworben hat und diese nach Beendigung der Vollzeiterwerbstätigkeit antritt.

 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1 S. 2, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a, Sätze 2, 7-8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.06.2010; Aktenzeichen III R 34/09)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 20. August 2008 und der hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 01. September 2008 verpflichtet, Kindergeld für den Sohn X. für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Dezember 2008 festzusetzen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte

3. Das Urteil ist wegen der der Klägerin zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500,00 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) ist die Mutter des am 31. August 1984 geborenen X.Y.. Dieser hat am 04. Februar 2005 vor dem Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer A.. die Abschlussprüfung als Werkzeugmechaniker Stanz- und Umformtechnik bestanden (vgl. das Prüfungszeugnis vom 04. Februar 2005, Bl. 41 der Finanzgerichts(FG)-Akten). Daraufhin wurde er von der Z-GmbH, bei der er bereits seine Ausbildung absolviert hatte, als Werkzeugmechaniker in die Fertigung des Geschäftsbereichs Anlagenbau übernommen (vgl. den Arbeitsvertrag vom 07. Februar 2005, Bl. 42 ff. der FG-Akten). Zum 31. August 2008 verließ er das Unternehmen auf eigenen Wunsch (vgl. das von seiner Arbeitgeberin ausgestellte Zeugnis vom 31. August 2008, Bl. 46 der FG-Akten). Seit dem 08. September 2008 (=Tag des Unterrichtsbeginns) besucht er die T-Schule – … Schulzentrum A. – mit dem Ziel, einen Abschluss als „staatlich geprüfter Techniker Mechatronik” zu erreichen. Bereits mit Schreiben vom 05. März 2008 (Bl. 95 der Kindergeldakten) hatte ihm die genannte Schule mitgeteilt, dass er für das Schuljahr 2008/2009 in die Fachschule für Technik Fachrichtung Automatisierungstechnik/Mechatronik aufgenommen werden könne.

Am 23. Juli 2008 stellte die Klin bei der Beklagten (Bekl) einen Antrag auf Kindergeld für den Sohn X. und einen weiteren Sohn (C.). Bezüglich des Sohnes X. gab sie an, dieser befinde sich vom 08. September 2008 bis 01. September 2010 in Schul- oder Berufsausbildung. Mit Bescheid vom 20. August 2008 lehnte die Bekl den Antrag auf Kindergeld für den Sohn X. mit der Begründung ab, das genannte Kind sei im Kalenderjahr 2008 von März bis Dezember für den Kindergeldanspruch zu berücksichtigen. Das Einkommen in dieser Zeit übersteige voraussichtlich den anteiligen Grenzbetrag von 6.400 EUR (10/12 von 7.680 EUR). Soweit Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden seien, seien diese in Höhe des Arbeitnehmeranteils berücksichtigt.

Gegen den genannten Bescheid legte die Klin mit Schreiben vom 22. August 2008 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, sie habe für ihren Sohn X. Kindergeld (erst) ab dem Monat September 2008 beantragt. Es sei deshalb von einem Berücksichtigungszeitraum für das Kindergeld von September 2008 bis Dezember 2008 auszugehen mit der Folge, dass laut dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. September 2005 III R 67/04 (Bundessteuerblatt – BStBl – II 2006, 305) die von ihrem Sohn im Zeitraum von Januar 2008 bis August 2008 erzielten Einkünfte nicht zu berücksichtigen seien. Ihr Sohn beginne am 08. September 2008 seine schulische Weiterbildung zum Techniker. Er erhalte voraussichtlich ab dem 01. September 2008 BAföG in Höhe von 380 EUR pro Monat, so dass sich für den Zeitraum von September 2008 bis Dezember 2008 Einnahmen in Höhe von 1.520 EUR (380 EUR × 4) ergeben würden. Das Arbeitsverhältnis des Sohnes sei zum 31. August 2008 beendet worden und ihr Sohn habe sonst keine weiteren Einkünfte. Der Grenzbetrag in Höhe von 2.560 EUR sei somit nicht überschritten, so dass ein Anspruch auf Kindergeld bestehe.

Die Bekl wies den Einspruch der Klin mit Entscheidung vom 01. September 2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der BFH habe mit Urteil vom 16. November ...

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