Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Zuschüssen an ein Kulturorchester nach § 3 Nr. 11 EStG. Kürzung der Betriebsausgaben. Einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 1995–1997

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zuschüsse, die ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes Kulturorchester von Stadt und Land aus öffentlichen Mitteln zur unmittelbaren Förderung der Kunst erhält, sind nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

2. Der nicht abziehbare Teil der Betriebsausgaben ist nach § 3c EStG nach dem Verhältnis zu bemessen, in dem die steuerfreien Zuschüsse zu den Gesamteinnahmen stehen, wenn die Zuschüsse nach ihrem Zweck der anteiligen Fehlbedarfsdeckung sämtlicher Betriebsausgaben des Orchesters sowie der Vorabvergütungen der Gesellschafter zu dienen bestimmt waren.

3. Die Sonderregelung des § 3 Nr. 26 EStG hat keine Auswirkungen auf die allgemeinen Grundsätze zu § 3c EStG.

4. Ein Zuschuss des auswärtigen Amtes zur Deckung des finanziellen Fehlbedarfs einer Auslands-Konzertreise ist nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Die im Zusammenhang mit der Reise entstandenen Betriebsausgaben sind in dem Verhältnis nicht abziehbar, in dem der steuerfreie Zuschuss zu den Gesamteinnahmen aus der Konzertreise steht.

 

Normenkette

EStG 1997 §§ 3c, 3 Nrn. 11, 26

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.04.2006; Aktenzeichen IV R 41/04)

BFH (Beschluss vom 12.05.2005; Aktenzeichen IV B 146/04)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung vom 2. März 2001 für die Jahre 1995–1997 und der Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001 werden die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit wie folgt einheitlich und gesondert festgestellt:

Gewinne der Klägerin

1995

1996

1997

342.837,00 DM

399.348,00 DM

382.005,00 DM

= 175.289,77 EUR

= 204.183,39 EUR

= 195.316,05 EUR

Die Gewinnverteilung auf die Feststellungsbeteiligten wird dem Finanzamt übertragen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 70 % die Klägerin und zu 30 % der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss errechneten Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des § 3 c Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR). Gegründet wurde sie im Jahr 1989 von insgesamt 13 Musikern, die übereingekommen waren, ihre gemeinsame Tätigkeit im „… Orchester” künftig in der Rechtsform einer GbR auszuüben. Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages war Gesellschaftszweck die gemeinsame Erarbeitung und Aufführung von Ensemble- und Orchestermusik mit dem Schwerpunkt „Musik 17. und 18. Jahrhundert” auf hohem künstlerischem Niveau. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft war gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages der Vorstand berechtigt, der aus 4 Mitgliedern bestand, die von der Gesellschafterversammlung einzeln gewählt wurden. Vorstandsmitglieder zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage waren Frau A, Frau K, Herr G und Herr W.

Die Durchführung des Gesellschaftszwecks finanzierte die Klägerin in den Streitjahren im Wesentlichen durch Honorareinnahmen aus Konzertauftritten im In- und Ausland, CD-Aufnahmen sowie durch öffentliche Zuschüsse, insbesondere des Landes Baden-Württemberg (Land) und der Stadt (Stadt).

Die öffentlichen Zuschüsse beliefen sich in den Streitjahren auf:

Jahr

Zuwendung Stadt

Zuwendung Land

Summe

1995

100.000 DM

100.000 DM

200.000 DM

1996

120.000 DM

120.000 DM

240.000 DM

1997

134.000 DM

145.000 DM

279.000 DM

Der Gewährung der städtischen Barzuschüsse lag die Beschlussfassung des Gemeinderates der Stadt über die Haushaltssatzung der Doppelhaushalte für die Jahre 1995/1996 und 1997/1998 zugrunde. Sie erfolgte für das Jahr 1995 mit Zuwendungsbescheid vom 22. Juni 1995, für das Jahr 1996 mit Zuwendungsbescheid vom 1. Juli 1996 und für das Jahr 1997 mit Zuwendungsbescheid vom 24. Juni 1997. Die Zuwendungsbescheide lauteten jeweils wie folgt:

„…, das Kulturamt der Stadt … gewährt Ihnen im Wege der institutionellen Förderung für die Durchführung des Jahresprogramms … für das … Orchester einen zweckgebundenen Zuschuss von DM …. Der Betrag dient der Anteilsfinanzierung, wobei entsprechend Ihrem Finanzierungsplan – Haushaltsplan zuschussfähige Gesamtkosten von DM … zugrunde gelegt werden.”

Gemäß den Nebenbestimmungen durfte die Zuwendung nur zur Erfüllung des im Zuwendungsbescheid bestimmten Zwecks verwendet werden. Alle eigenen Mittel und mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen des Zuwendungsempfängers waren als Finanzierungsmittel für alle Ausgaben anzusetzen. Der Kosten- und Finanzplan war hinsichtlich des Gesamtergebnisses verbindlich. Der Zuwendungsempfänger durfte seine Beschäftigten finanziell nicht besser stellen als vergleichbare Gemeindebedienstete. Ermäßigten...

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