Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer: Büroraum und Lagerraum eines Pharmareferenten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Schwerpunkt bzw. Kernbereich der Tätigkeit eines Pharmareferenten ist die Beratung und Information von Ärzten an ihrem Arbeitsplatz im persönlichen Gespräch. Deshalb stellt ein als Büroraum genutztes häusliches Arbeitszimmer eines Pharmareferenten nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit i.S. des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3, 1. Halbsatz EStG dar.

2. Ein von einem Pharmareferenten ausschließlich als Lager für pharmazeutische Produkte sowie Werbematerial genutzter Kellerraum ist kein häusliches Arbeitszimmer i.S. von § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, das der Abzugsbeschränkung von Aufwendungen hierfür nur bis zur Höhe von 2.400 DM als Werbungskosten unterliegt.

3. Ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG setzt einen zu einer Wohnung gehörenden Raum voraus, in welchem berufliche Tätigkeiten durch den Steuerpflichtigen erledigt werden, dessen private Mitbenutzung zu Wohnzwecken jedoch (jederzeit) möglich ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen VI R 40/01)

BFH (Urteil vom 19.03.2003; Aktenzeichen VI R 40/01)

 

Tatbestand

Streitig ist der unbeschränkte Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie einen Lagerraum als Werbungskosten.

Die Kläger sind vom beklagten Finanzamt (FA) für das Jahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger, ein Diplom-Psychologe, ist bei der … als sogenannter Pharmareferent angestellt. Er bildet zusammen mit drei weiteren Mitarbeitern eine Arbeitsgruppe („Team”), welche ein vom Arbeitgeber bestimmtes Gebiet betreut. Der Kläger ist nach eigenen Angaben für den Finanzbereich des gesamten Betreuungsgebiets mit folgenden Aufgaben zuständig: Finanzprüfung, Budgetplanung, Buchhaltung, Ausgabenkontrolle. Außerdem ist er für die Lagerverwaltung der Arbeitsgruppe verantwortlich, d.h. für die Musterbestellung, Werbemittelbeschaffung sowie die Lagerhaltung. Da ihm von seinem Arbeitgeber für seine berufliche Tätigkeit kein Raum zur Verfügung gestellt wurde, nutzte der Kläger hierfür einen 15 m² großen Raum im Erdgeschoss seines selbstgenutzten Einfamilienhauses als häusliches Arbeitszimmer. Ein weiterer ebenfalls 15 m² großer Raum im Untergeschoss diente ihm als Lager für pharmazeutische Produkte. Über eine EDV-Anlage in seinem häuslichen Arbeitszimmer stand der Kläger in ständiger Verbindung mit seinem Arbeitgeber. Mit dieser Anlage erstellte er u.a. Verkaufs- und Besuchsberichte und tätigte „Produkt- und Lagerbestellungen”. Von seinem Büro aus betreute er seine Kunden, plante deren Besuch, führte die Kundenkartei, erstellte Angebote sowie den gesamten Schriftverkehr. In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1996 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sowie den Lagerraum von insgesamt 10.073,44 DM als Werbungskosten geltend, von denen das FA im Bescheid vom 18. Mai 1998 lediglich 2.400 DM berücksichtigte.

Mit dem hiergegen am 29. Mai 1998 eingelegten Einspruch begehrten die Kläger den uneingeschränkten Abzug der Raumkosten als Werbungskosten. Für den Kläger, der keinen anderweitigen festen Arbeitsplatz unterhalte, bedeute das häusliche Arbeitszimmer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse den Mittel- und Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit. Nach der vorgelegten „Entgeltsabrechnung” des Arbeitgebers für den Monat Juli 1998 erhielt der Kläger eine monatliche Aufwandspauschale i.H.v. 180 DM für das „Heimbüro” und i.H.v. 110 DM für den Lagerraum. Von dem FA geforderte Aufzeichnungen über geleistete Außendienst- und Büroarbeitszeit konnten die Kläger ebenso wenig vorlegen wie Reisekostenabrechnungen des Klägers. Sie erklärten hierzu, die Zeiten schwankten. An manchen Tagen überwiege die Zeit im Außendienst, an den übrigen die Bürotätigkeit. Mit Entscheidung vom 17. März 1999 erweiterte das FA die teilweise Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) im Hinblick auf anhängige Musterverfahren hinsichtlich der Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Aufwendungen seien nur beschränkt abzugsfähig, da das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung des Klägers darstelle.

Mit der am 19. April 1999 erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin, sowohl für das Büro als auch den Lagerraum den uneingeschränkten Ausgabenabzug zuzulassen. Zu Unrecht behandle das FA Büro- und Lagerraum als Einheit, deren Aufwendungen insgesamt der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG) unterlägen. Beide Räume müssten unabhängig voneinander betrachtet und die steuerlichen Abzugsvoraussetzungen getrennt beurteilt werden. Die Aufwendungen für das Warenlager im Untergeschoss ...

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