rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung einer Prüfungsanordnung. Durchführung einer Außenprüfung bei Festsetzungsverjährung. Durchführung einer Zweitprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine auf § 193 Abs. 1 AO gestützte Prüfungsanordnung bedarf regelmäßig keiner besonderen Begründung. Es genügt der Hinweis auf diese Vorschrift.

2. Der Mangel einer unzureichenden oder fehlenden Begründung kann gem. § 126 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 AO und § 102 S. 2 FGO bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens vollständig geheilt werden.

3. Die Durchführung einer Außenprüfung ist zulässig, wenn der Eintritt der Festsetzungsverjährung für die Besteuerungszeiträume, die Gegenstand der Außenprüfung sein sollen, nicht „auf der Hand liegt” und die Außenprüfung zur Klärung des Verjährungseintritts beitragen kann.

4. Einer Zweitprüfung steht § 173 Abs. 2 AO nur dann entgegen, wenn es „auf der Hand liegt”, dass es zu keiner Steuerhinterziehung gekommen ist.

 

Normenkette

AO § 193 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 173 Abs. 2; FGO § 102 S. 2; BpO § 3

 

Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Prüfungsanordnung (PA) des Beklagten (Bekl) vom 16. Oktober 2012 wirksam und rechtmäßig ist.

Die Klägerin (Klin) betreibt ein Unternehmen des W mit Sitz in X. Der Betrieb ist als Großbetrieb im Sinne des (i.S.d.) § 3 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) eingestuft.

Ihre Umsatzsteuer(USt)-Anmeldungen für die Jahre 2001 bis 2004 reichte die Klin wie folgt beim Finanzamt X ein:

2001: am 2. Juli

2002 2002: am 16. September 2003

2003: am 10. März 2005

2004: am 9. Januar 2006.

Im Jahr 2010 führte der Bekl bei der Klin eine Außenprüfung (AP) u.a. wegen USt 2001 bis 2004 durch. Der Prüfungsbericht wurde am 4. Oktober 2010 erstellt. Am 25. November 2010 erließ der Bekl geänderte USt-Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004. Die geänderten USt-Bescheide für die Jahre 2001 bis 2003 wurden bestandskräftig. Der geänderte USt-Bescheid für 2004 wurde mit Einspruch angefochten. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

Im Laufe der danach durchgeführten AP wegen USt 2005 bis 2008 reichte die Klin am 3. Mai 2012 korrigierte USt-Erklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 beim Finanzamt X ein. Mit Schreiben gleichen Datums führte sie aus, den korrigierten USt-Erklärungen liege folgender Sachverhalt zugrunde:

„Im Zeitraum von 2005 bis 2008 wurden in einzelnen Vertriebszentren der A GmbH & Co KG („A”) W an V verkauft und wieder zurückgekauft, ohne dass diesen Geschäften nachweislich Warenbewegungen zugrunde lagen bzw. entsprechende Lagerbestände ausgesondert wurden (sog. Sondergeschäfte). Dabei übermittelte A dem V eine Rechnung über veräußerte Produkte, in der die USt gesondert ausgewiesen war. Im Gegenzug übermittelte der V eine Rechnung über „rückveräußerte” Produkte, in der ebenfalls die USt gesondert ausgewiesen war. Aus den Abrechnungen der V machte A den Vorsteuerabzug geltend. Aus ihren eigenen Rechnungen führte die A die USt ab.

Die V stellten der A Umsätze in Höhe von (i.H.v.) insgesamt EUR xxx zzgl. USt i.H.v. EUR xxx für entsprechende Sondergeschäfte in Rechnung. Eine Übersicht über die Umsatzvolumina der einzelnen Jahre ist als Anlage 1 beigefügt.

Wir gehen vorsorglich davon aus, dass die A nicht berechtigt war, aus den Rechnungen der V die Vorsteuer zu ziehen. Die entsprechend korrigierten USt-Jahreserklärungen für die Besteuerungszeiträume 2005 bis 2008 sind diesem Schreiben als Anlagen 2 bis 5 beigefügt. Die zu Unrecht geltend gemachte erhaltene Vorsteuer i.H.v. EUR xxx werden wir unverzüglich zugunsten der Finanzkasse anweisen.

Bitte beachten Sie, dass diese Erklärung für das Unternehmen und im Namen der Personen erfolgt, die in den betroffenen Besteuerungszeiträumen mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten betraut waren. (…)”.

Am 1. Juni 2012 leitete die Straf- und Bußgeldsachenstelle (Strabu) des Finanzamts X -I gegen den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Klin, G G, den Geschäftsführer der Klin, E E und den Leiter der Steuerabteilung der Klin, F F, Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachts der Hinterziehung von USt für die Jahre 2001 bis 2004 ein. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben der StraBu an die genannten Beschuldigten vom 26. Juni 2012 (Bl. 34 bis 39 der Finanzgerichts-FG-Akten) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2012 teilte die Klin dem Finanzamt X das Folgende mit:

„Wie Sie wissen, wurden im Zeitraum von 2005 bis 2008 in einzelnen Vertriebszentren der A W an V verkauft und wieder zurückgekauft, ohne dass diesen Geschäften nachweislich Warenbewegungen zugrunde lagen bzw. entsprechende Lagerbestände ausgesondert wurden (sog. Sondergeschäfte). Die USt-Jahreserklärungen für 2005 bis 2008 haben wir mit Schreiben vom 3.5.2012 korrigiert und die zu Unrecht geltend gemachte erhaltene Vorsteuer i.H.v. EUR xxx zurückbezahlt.

Im Zuge der weitergehenden internen Untersuchungen haben wir nun einen anderen Sachverhalt identifiziert, ...

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