Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaß von Umsatzsteuer 1992 und 1993

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.03.2001; Aktenzeichen V R 61/97)

BFH (Beschluss vom 15.10.1998; Aktenzeichen V R 38/97, V R 61/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger (Kl) Umsatzsteuer (USt), die gemäß § 14 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) festgesetzt worden ist, gemäß § 227 Abgabenordnung (AO) zu erlassen ist.

Der Kl betrieb in den Streitjahren 1992 und 1993 einen Handel mit …. Um Verluste einer Filiale zu verschleiern und eine bessere Ertragslage vorzutäuschen, hat er diversen Leasingfirmen Rechnungen über fingierte, d.h. nicht ausgeführte Lieferungen ausgestellt. Die Rechnungen wurden von den Leasingfirmen bezahlt und vom Kl ordnungsgemäß umsatzversteuert. Anschließend hat er den Leasingfirmen in Raten den Kaufpreis zurückgezahlt. Im Jahr 1994 erstattete der Kl bei der Staatsanwaltschaft und beim Beklagten (Bekl) Selbstanzeige. Durch die Selbstanzeige wurden dem Bekl sämtliche Rechnungen und die Rechnungsempfänger einzeln bekannt. Der Bekl wurde in die Lage versetzt, durch Kontrollmitteilungen die mißbräuchliche Verwendung der Rechnungen zum Vorsteuerabzug zu korrigieren, soweit die Leasingfirmen nicht von sich aus den Vorsteuerabzug korrigierten.

Der Kl machte in seinen USt-Erklärungen für die Streitjahre die an den Bekl abgeführte USt aus den Scheinrechnungen geltend. Im Jahre 1995 fand eine Betriebsprüfung (Bp) statt. Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung (Ap) ergingen USt-Bescheide für 1992 und 1993 vom 5. September 1995, in der die USt aus den Scheinrechnungen gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2, 2. Alternative UStG in die Steuerfestsetzungen in Höhe von DM … für 1992 und in Höhe von DM … für 1993 einbezogen wurden.

Mit Schreiben vom 24. August 1995 stellte der Kl den Antrag, die genannten USt-Beträge gemäß § 227 AO zu erlassen. Der Bekl lehnte den Erlaß mit Schreiben vom 15. November 1995 ab. Die Beschwerde vom 4. Dezember 1995 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 1996 abgewiesen. Der Bekl führte aus, ein Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen sei nicht gerechtfertigt, weil das Ergebnis der Besteuerung der Zielsetzung des Gesetzgebers entspreche. Ein Erlaß komme nur in Betracht bei einer Beseitigung der Gefährdungslage, nicht bei einer Beseitigung des Schadens durch den ungerechtfertigten Vorsteuerabzug. Anderenfalls würde die Gefährdungshaftung im Ergebnis zu einer Ausfallhaftung umqualifiziert, was die Zielsetzung und den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 UStG entscheidend reduzieren würde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 1996 verwiesen.

Mit der Klage vom 5. August 1996 verfolgt der Kl weiterhin das Ziel eines Erlasses. Er trägt vor, § 14 Abs. 3 UStG wolle das Gleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug gewährleisten und der Gefahr eines unberechtigten Vorsteuerabzugs aufgrund gesondert ausgewiesener USt entgegenwirken. Wegen der konkreten Gefährdung für das Steueraufkommen sei der Entstehungszeitpunkt des Anspruchs aus § 14 Abs. 3 UStG auf den Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung gelegt worden. Ein Erlaß der entstandenen Steuer aus Billigkeitsgründen sei im vorliegenden Fall gerechtfertigt, weil der Bekl durch die Selbstanzeige in die Lage versetzt sei, problemlos von den einzelnen Leasinggesellschaften die ungerechtfertigten Vorsteuerbeträge zurückzufordern. Er habe dadurch die Gefährdungslage durch eine geeignete Maßnahme beseitigt. Lediglich dann, wenn die Rückforderung nicht mehr möglich wäre, würde der Rechnungsaussteller für einen etwaigen Ausfall beim Fiskus haften. § 14 Abs. 3 UStG diene nicht als selbständige Einnahmequelle des Staates. Hilfsweise wird der Erlaßantrag darauf gestützt, daß § 14 Abs. 3 UStG verfassungskonform ausgelegt werden müsse. Soweit die Vorsteuer zurückzubekommen sei, verstoße die Besteuerung nach § 14 Abs. 3 UStG gegen das Übermaßverbot, weil es dazu führen würde, daß die Vorschrift einen verfassungswidrigen Strafcharakter erhielte, wenn die Berichtigungsmöglichkeit auf die Fälle der Gutgläubigkeit beschränkt würde. Außerdem sei die Abgrenzung zwischen § 14 Abs. 2 UStG (mit Berichtigungsmöglichkeit) und § 14 Abs. 3 UStG (ohne Berichtigungsmöglichkeit) nicht einzusehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 5. August 1996 und 25. Oktober 1996 nebst Anlagen verwiesen.

Der Kl beantragt,

den Bekl unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 1996 zu verpflichten, für 1992 DM … und für 1993 DM … USt zu erlassen

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, nach der Rechtsprechung des BFH komme es nicht darauf an, daß eine Gefährdung des Steueraufkommens tatsächlich in eine Beeinträchtigung umgeschlagen sei. Im April 1995 seien Kontrollmitteilungen an die für die Rechnungsempfänger zuständigen Finanzämter verschickt worden. Rückmeldungen über den Erfolg gebe es nicht. Der Tatbestand d...

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