Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei Wechsel von Durchschnitts- zur Regelbesteuerung. Auslegung von Verwaltungsanweisungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steuern, die zwar unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, aber bestandskräftig festgesetzt worden sind, können nur dann im Billigkeitsverfahren sachlich überprüft werden, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen deren Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren.

2. Ein Landwirt, bei dem der Wechsel der Besteuerungsform sowohl zu Vorsteuerrückzahlungen an das Finanzamt als auch zu Vorsteuererstattungen führt, muss die für ihn negativen Auswirkungen gegen sich gelten lassen, wenn er zuvor die vorteilhaften Auswirkungen in Anspruch genommen hat, so dass die Versagung des Erlasses der die Berichtigung des Vorsteuerabzugs übersteigende Beträge nicht ermessensfehlerhaft ist.

3. Das Finanzgericht darf Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Finanzbehörde möglich ist.

 

Normenkette

AO §§ 227, 163; UStG §§ 15a, 24

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.01.2011; Aktenzeichen V R 43/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, wie nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 13. Februar 1997, IV C 3-S 7316-3/97 „zusätzliche Steuervergünstigungen” vermieden werden sollen.

Der Kläger hat einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Am 9. Dezember 1994 hatte er beantragt, dass seine Umsätze vom Beginn des Kalenderjahrs 1994 an nicht mehr gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), sondern nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen. Am 17. November 1998 widerrief er seine Erklärung mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahrs 1999 an.

Mit seinen Umsatzsteuererklärungen berichtigte er gemäß § 15a UStG den Vorsteuerabzug

für das Kalenderjahr

als nachträglich abziehbar um

als zurückzuzahlen um

1994

916,61 DM

1995

0,00 DM

1996

916,61 DM

1997

2.182,17 DM

1998

76,38 DM

1999

11.695,00 DM

2000

12.276,00 DM

2001

11.203,00 DM

2002

6.805,84 Euro

2003

5.884,51 Euro

Am 27. Februar 2004 beantragte der Kläger, ihm im Billigkeitswege die Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 1999 bis 2001 zu erlassen, soweit die Berichtigung des Vorsteuerabzugs für diese Kalenderjahre die Beträge übersteige, die ihm für die Kalenderjahre 1994 und 1996 bis 1998 aufgrund der Berichtigung des Vorsteuerabzugs erstattet worden seien.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit seinem Schreiben vom 15. Dezember 2005 jedoch ab. Er führte hierzu – unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 13. Februar 1997 – im Wesentlichen aus, dass ein Landwirt, bei dem – wie im Streitfall – der Wechsel der Besteuerungsform sowohl zu Vorsteuerrückzahlungen an das Finanzamt als auch zu Vorsteuererstattungen führe, auch die für ihn negativen Auswirkungen gegen sich gelten lassen müsse, wenn er zuvor die vorteilhaften Auswirkungen in Anspruch genommen habe. Etwas anderes gelte nur, wenn Landwirte in Fällen, in denen dies für sie insgesamt nachteilig sei, auf die Geltendmachung von Vorsteuererstattungen nach § 15a UStG (nachträglich) verzichten würden. Letzteres sei im Streitfall aber deshalb nicht mehr (vollständig) möglich, weil die Festsetzungsfrist für das Kalenderjahr 1994 bereits abgelaufen sei.

Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2006). Mit dem Einspruch hatte der Kläger außerdem beantragt, ihm auch für die Kalenderjahre 2002 und 2003 die Umsatzsteuer zu erlassen, die auf die Berichtigung des Vorsteuerabzugs entfiel.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Beklagte ist der Klage – im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung – entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet.

Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Gegenstand des Klagebegehrens im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darauf gerichtet ist, ihm, dem Kläger, die im Wege der Berichtigung des Vorsteuerabzugs für die Kalenderjahre 1999 bis 2003 entstandene Umsatzsteuer – nach Abzug der ihm ebenfalls im Wege der Berichtigung des Vorsteuerabzugs für die Kalenderjahr 1994, 1996 bis 1998 erstatteten Umsatzsteuer – im Billigkeitswege (§§ 163, 227 der AbgabenordnungAO 1977) zu erlassen. Das Gericht entnimmt dies dem Schriftsatz des Klägers vom 13. März 2006. Soweit in dem Betreff zu diesem Schriftsatz auch die Kalenderjahre 2004 und 2005 angegeben sind, verdeutlicht dieser Schriftsatz unter „Sachverhalt” (Seite 2) und auf Seite 3 insoweit hinreichend, dass abweichend von dem Betreff der Kläger in dem vorliegenden Verfahren lediglich begehrt, ihm die im Wege der Berichtigung des Vorsteuerabzugs für die Kalenderjahre 1999 bis 2003 entstandene Umsatzsteuer zu erlassen, nicht auch die für die Kalenderjahre 2004 und 2005 entstande...

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