rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Neuaufbau des Daches im Rahmen der Aufstockung eines Gebäudes als Herstellungskosten. Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts. Einkommensteuer 1997 und 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die infolge der Aufstockung eines Gebäudes um ein zusätzliches Stockwerk und der gleichzeitigen Errichtung eines neuen Dachgeschosses anfallenden Kosten für den Neuaufbau des Daches sind als Herstellungskosten zu werten. Sie können auch nicht insoweit als Erhaltungsaufwand behandelt werden, als sie auch ohne die Aufstockung bei der Dachsanierung angefallen wären.

2. Im Streitfall ist davon auszugehen, dass die neu geschaffenen Mietwohnungen im zweiten Obergeschoss und Dachgeschoss zusammen mit den bereits bestehenden vermieteten Wohnungen im ersten Obergeschoss des vor 1900 errichteten Gebäudes ein in bautechnischer Hinsicht neues selbständiges Wirtschaftsgut „fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil” bilden. Die Baumaßnahmen (Errichtung neuer tragender Außen- und Innenwände zumindest im zweiten Obergeschoss und mindestens einer neuen Geschossdecke) kommen einem Neubau des fremden Wohnzwecken dienenden Gebäudeteils gleich.

 

Normenkette

EStG 1997 § 7 Abs. 5, 5a, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7; HGB § 255 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

I. Die Einkommensteuerbescheide für 1997 vom 14. März 2000 und für 1998 vom 7. November 2000 werden insoweit geändert, als die auf das neu errichtete zweite Obergeschoss und das Dachgeschoss entfallenden Herstellungskosten gemäß § 7 Abs. 5, 5 a Einkommensteuergesetz der degressiven Abschreibung unterliegen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Ermittlung der hiernach neu festzusetzenden Einkommensteuerschulden wird dem FA übertragen.

II. Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten jeweils zur Hälfte auferlegt.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998, ob die Kosten für Umbaumaßnahmen als Herstellungs- oder Erhaltungsaufwendungen zu qualifizieren sind und ob die Baumaßnahmen zur Herstellung eines neuen Wirtschaftsgutes geführt haben.

Der mit seiner Ehefrau gemeinsam veranlagte Kläger ist Eigentümer eines vor 1900 erstellten, ursprünglich dreigeschossig bebauten Grundstücks in B, das er aufgrund eines notariellen Kaufvertrags vom 30. Mai 1996 für 800.000 DM erworben hatte. Im Erdgeschoss befanden sich eine fremd vermietete Gastwirtschaft und ein fremdvermietetes Büro mit einer Fläche von zusammen 120 m², im 1. Obergeschoss drei fremdvermietete Wohnungen mit einer Fläche von zusammen 108 m². Das Dachgeschoss mit einer Fläche von 61 qm (3 Zimmer, 1 Küche) war in den Streitjahren aufgrund des schlechten baulichen Zustandes unbewohnbar.

Im Jahre 1997 nahm der Kläger erhebliche bauliche Veränderungen vor: Das bisherige Dachgeschoss wurde komplett entfernt und es erfolgte eine Aufstockung um ein weiteres Vollgeschoss sowie die Errichtung eines neuen Dachgeschosses. Hierdurch entstanden im neuen zweiten Obergeschoss zwei Wohnungen mit einer Wohnfläche von zusammen 113 m² und im Dachgeschoss ebenfalls zwei Wohnungen mit einer Wohnfläche von 104 m². Die Fertigstellung erfolgte Ende 1997. Die neuen Wohnungen wurden anschließend zu Wohnzwecken fremdvermietet.

Unter Berufung auf den sog. „Dachgeschoss-Erlass” der Finanzverwaltung vom 10. Juli 1996 (BStBl I 1996, 689) behandelten die Kläger die Aufstockung als selbständiges Wirtschaftsgut und beanspruchten für die hierauf entfallenden Herstellungskosten (1997 = 321.929 DM und 1998 = 178.558 DM) und die anteiligen Anschaffungskosten (= 290.986 DM) degressive Abschreibungen i.H.v. 5 % gem. § 7 Abs. 5 Einkommensteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) (30.646 DM in 1997 bzw. 39.574 DM in 1998). Darüber hinaus wiesen die Kläger in ihren Steuererklärungen für die restlichen Anschaffungskosten von 329.623 DM Abschreibungen gem. § 7 Abs. 4 EStG (2,5 %) sowie Erhaltungsaufwendungen von 78.816 DM in 1997 bzw. 59.724 DM in 1998 aus. In den letztgenannten Beträgen sind Kosten für Dacharbeiten enthalten, die sich wegen der Baumaßnahmen (Entfernen des alten Daches, Herstellung eines 2. Obergeschosses und Neuerrichtung des Daches) als erforderlich erwiesen haben. Es handelt sich hierbei um Kosten der Dacheindeckung sowie Kosten für Zimmermann- und Blechnerarbeiten. Die Kläger errechneten hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von – 65.311 DM in 1997 bzw. – 165.586 DM in 1998. Wegen der Einzelheiten wird auf die Steuererklärungen der Kläger verwiesen.

Das beklagte Finanzamt (FA) veranlagte die Kläger zunächst erklärungsgemäß.

Aufgrund einer Betriebsprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass die Aufwendungen für den Abriss des bi...

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