Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anwendung des begünstigten Steuersatzes nach § 34a EStG bei vollständigem Verlustausgleich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind in dem zu versteuernden Einkommen aufgrund eines Verlustausgleichs der negativen und positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb keine begünstigen nicht entnommenen Gewinne aus Gewerbebetrieb enthalten, ist der nach § 34a EStG begünstigte Steuersatz von 28,25 % nicht anwendbar.

 

Normenkette

EStG §§ 34a, 2 Abs. 3, 5, § 10d Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.03.2017; Aktenzeichen X R 65/14)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Inanspruchnahme von § 34a Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin erzielte im Kalenderjahr 2009 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin aus einer Beteiligung an der X GmbH & Co. KG. Mit geändertem Feststellungsbescheid vom 12. Juli 2011 stellte das Feststellungsfinanzamt A Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dieser Beteiligung in Höhe von 152.784,24 Euro fest, wovon 111.545,18 Euro die Voraussetzung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34a EStG erfüllten.

Die Klägerin erzielte zudem weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin wie folgt:

Y GmbH & Co. KG

./. 34.462 Euro,

Z GmbH & Co. KG

./. 201.383 Euro,

W.

97 Euro.

Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom 02. September 2011 berücksichtigte der Beklagte diese Einkünfte im Rahmen der Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 3 EStG, so dass die Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ./. 82.949 Euro betrug, mit der Folge, dass der ermäßigte Steuersatz auf die Beteiligungseinkünfte aus der X GmbH & Co. KG nicht zur Anwendung kam.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. August 2013 als unbegründet zurück. Ein zwischenzeitlich ergangener aus anderen Gründen geänderter Einkommensteuerbescheid 2009 vom 04. Januar 2012 war Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden (§ 365 Abs. 3 AO).

Die Klägerin hat am 30. September 2013 Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, § 34a EStG sei als Tarifvorschrift nach § 32 Abs. 1 S. 2 EStG vorrangig vor dem allgemeinen Steuertarif anzuwenden. Ein Verlustausgleich und Verlustabzug mit begünstigten Einkünften käme erst danach in Betracht. Die thesaurierten Gewinne müssten sozusagen aus dem für den Grundtarif des § 32a EStG maßgebenden zu versteuerndem Einkommen herausgelöst werden und in die Begründung einer eigenständigen Bemessungsgrundlage für den besonderen Steuertarif nach § 34a EStG münden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung der Begünstigung sei § 34a EStG als lex specialis gegenüber § 2 Abs. 5 EStG anzusehen. Nach dessen Intention habe durch diese Norm eine Gleichbehandlung zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Steuerbelastung geschaffen werden sollen. Diese gelte sowohl für den Steuertarif als auch für die Behandlung thesaurierter Gewinne, die bei Kapitalgesellschaften nicht mit anderen Einkünften der Gesellschafter verrechnet würden. Ein horizontaler und vertikaler Verlustausgleich sei damit ausgeschlossen. Ein Verlustausgleich würde deshalb zu einer Schlechterstellung von Personenunternehmen führen.

Die Regelung des § 34a Abs. 8 EStG scheine zudem § 10d Abs. 1 S. 2 EStG auszuhebeln. Danach dürfte ermäßigt besteuerten Gewinnen nicht durch laufende Verluste im Rahmen eines Verlustrücktrags die Grundlage für die Thesaurierung entzogen werden. § 10d Abs. 1 S. 2 EStG werde jedoch durch den Beklagten dahingehend angewandt, dass eben gerade die begünstigten Gewinne nach § 34a EStG in einem horizontalen und vertikalen Verlustausgleich mit einbezogen würden.

Darüber hinaus widerspräche die Auffassung der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. August 2008 Rz. 1 (Az.: IV C 6-S 22090-a/07/10001, FMNR701000008 in Bundessteuerblatt – BStBl – I 2008, 838) dem Gesetzeswortlaut des § 34a Abs. 1 S. 2 EStG. Dem Gesetzeswortlaut folgend sei für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil der Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung gesondert zu stellen. Wenn nach Auffassung der Finanzverwaltung jedoch zuerst sowohl ein horizontaler als auch ein vertikaler Verlustausgleich vorgenommen werden solle, könne denklogisch eine gesonderte Thesaurierungsbeantragung einzelner Betriebe oder Mitunternehmeranteile nicht erfolgen.

Die Interpretation des § 34a EStG durch den Beklagten und die damit einhergehende Unterwerfung des § 34a EStG unter § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 EStG gehe schlussendlich weit über den Gesetzeswortlaut hinaus. Es sei daher fraglich, ob dem Beklagten überhaupt ein Freiraum für Interpretationen betreffend § 34a Abs. 1 S. 2 EStG gegeben sei.

Der Gesetzeswortlaut des § 34a Abs. 1 EStG führe eindeutig aus, dass die begünstigten Einkünfte einem besonderen Steuersatz unterlägen und zur Erlangung dieses begünstigten Steuersatzes ein Antragswahlrecht für jeden Betrieb oder Mitunternehmerante...

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