Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein ermäßigter Steuersatz bei dem Vertrieb von Nutzungsrechten an digitalen Medien

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Vertrieb von Nutzungsrechten an digitalen Medien, der über öffentliche Büchereien erfolgt, unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG, da keine Übertragung von Verwertungsrechten i. S. d. Urheberrechtsgesetzes erfolgt, sondern lediglich eine bestimmungsgemäße Nutzung der Werke ermöglicht wird.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7c; UrHG § 29 S. 2; UrhG § 31 Abs. 1; UrHG § 31 Abs. 2; UrhG § 31 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.12.2015; Aktenzeichen V R 43/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Umsätze der Klägerin aus dem Vertrieb von Nutzungsrechten an digitalen Medien dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betriebene Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20. Juli 2005 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist gem. § 2 des Gesellschaftsvertrags (Bl. 17 der Allgemeinen Akte) in der geänderten Fassung vom 23. Februar 2006 (Bl. 39 ff. der Allgemeinen Akte) die Entwicklung, der Vertrieb und der Betrieb von digitalen virtuellen Bibliotheken, der Vertrieb von Medien und Lizenzen an verschiedene Kundengruppen, die Entwicklung, der Vertrieb und der Betrieb von ergänzenden oder erweiterten Bibliotheksprodukten oder Bibliotheksdienstleistungen im digitalen Kontext, insbesondere auch Bibliotheksmanagement- und Bibliotheksinkassolösungen sowie Werbe- und Marketing-Dienstleistungen im Bibliotheksumfeld einschließlich aller damit zusammenhängenden Tätigkeiten.

Dementsprechend schließt die Klägerin mit einer Vielzahl von Verlagen als Rechteinhaber der Verwertungsrechte der jeweiligen Werke entsprechende Lizenzverträge ab, die es ihr, der Klägerin, ermöglichen, diese Werke weiter zu nutzen.

Die Klägerin bietet hierfür entsprechende technische Einrichtungen in Form von Servern und Dienstleistungen auf dem Datenverarbeitungssektor an, welche es Kunden ermöglichen, auf diesen technischen Einrichtungen abgelegte Daten zu nutzen und ggf. Dritten zugänglich zu machen.

Im Rahmen dieser Betätigung arbeitet die Klägerin insbesondere mit Büchereien zusammen, über die Werke wie Bücher (e-books), Musiktitel usw. in elektronischer Form Nutzern dieser Büchereien für einen befristeten Zeitraum zugänglich gemacht werden. Hierfür werden die ausgeliehenen Werke mit einem elektronischen, digitalen Schlüssel versehen, der sicherstellt, dass die Nutzung nur für den vorgegebenen Zeitraum und nur auf dem oder den zuvor festgelegten elektronischen Geräten möglich ist (sog. Digital Rights Management – DRM).

Auf der Grundlage dieser Verträge schließt die Klägerin einerseits Verträge mit Büchereien über die Zurverfügungstellung und Nutzung der technischen Einrichtungen, die von der Klägerin zur Verfügung gestellt werden, ab. Diese Leistungen werden gesondert vergütet; die hierfür bezahlten Entgelte werden von der Klägerin umsatzsteuerlich dem Regelsteuersatz unterworfen. Die steuerliche Behandlung dieser Entgelte ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Andererseits schließt die Klägerin mit den Büchereien sog. Rahmenverträge „über die Bereitstellung von Inhalten zum digitalen Ausleihen in einer Digitalen Virtuellen Bibliothek” ab.

Gem. § 1 dieses Rahmenvertrages (Anlage 2 zur Klageschrift, Anlageband zur Gerichtsakte) legen „die Vertragsparteien […] mit diesem Vertrag den Rahmen für die Bereitstellung von urheberrechtlich geschützten Sprachwerken, Hörbüchern, Hörspielen, digitalen Medien wie Videos und Software usw. (im folgenden als ‚Inhalte’ bezeichnet) zum digitalen Ausleihen für registrierte Bibliotheksnutzer im Rahmen einer ‚Digitalen Virtuellen Bibliothek’ […] durch den Erwerb von sogenannten ‚Lizenzen’ fest”.

Gem. § 2 Abs. 1 des Rahmenvertrages stellt die Klägerin den „registrierten Bibliotheksnutzern […] Inhalte zum digitalen Ausleihen im Rahmen ‚dieser unterschiedlich ausgestalteten Lizenzen’ […] zur Verfügung”. Hierbei „wird” die Klägerin „oder ein Dritter den registrierten Bibliotheksnutzern die Inhalte öffentlich zugänglich machen und ihnen für die Inhalte das einfache, nicht übertragbare, auf die Ausleihfrist der [Bibliothek] zeitlich befristete Recht einräumen, die ihnen öffentlich zugänglich gemachten Inhalte in der digitalen Form, die in der jeweiligen ‚Lizenz’ festgelegt ist, zu vervielfältigen (insbesondere durch Herunterladen) und für die Ausleihfrist den öffentlich zugänglich gemachten Inhalt auf den in der jeweiligen ‚Lizenz’ festgelegten Datenträger(n) zu speichern und die Inhalte für die Ausleihfrist auf allen in der jeweiligen ‚Lizenz’ festgelegten Geräten abzuspielen und/oder auszudrucken.”

Zur Bereitstellung von Inhalten zum digitalen Ausleihen an registrierte Bibliotheksbenutzer bietet die Klägerin der jeweiligen Bibliothek gegen Gebühr verschiedene Lizenzen an, mit denen der Bibli...

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