Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG für ein wegen unzureichender Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft zur Verfügung gestelltes zinsloses Gesellschafterdarlehen. Einkommensteuer 1992

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nach § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AStG korrigierbare Geschäftsbeziehung setzt einen schuldrechtlichen Leistungsaustausch voraus, private oder im Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vorgänge gehören nicht dazu. Dabei können neben der Ausstattung einer Gesellschaft mit Eigenkapital auch unentgeltliche wirtschaftliche Stützungsmaßnahmen im Gesellschaftsverhältnis begründet sein, wenn der Gesellschafter dadurch eine funktionsgerechte Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital ersetzt. Dies kann der Fall sein, wenn das aus dem positiven Unterschiedsbetrag zwischen einer geleisteten Sacheinlage und der Kapitalerhöhung stammende, den Darlehenskonten der Gesellschafter gut geschriebene Kapital, der Gesellschaft unentgeltlich als Darlehen zur Verfügung gestellt wird, weil die Gesellschaft die Übernahme einer im Ausland ansässigen KG und deren Fortführung als Zweigniederlassung mit eigenen Mitteln nicht finanzieren kann. Gegen einen Leistungsaustausch sprechen neben der Zinslosigkeit der Darlehen auch das Fehlen von Darlehensverträgen und von Vereinbarungen zu Sicherheiten, Laufzeiten und Rückzahlung.

 

Normenkette

AStG § 1 Abs. 4, 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1; EStG § 20

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 4. März 1999 wird der Einkommensteuerbescheid 1992, zuletzt vom 1. Februar 2001, insoweit abgeändert, als die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen um 879.274 DM zu mindern sind. Die für 1992 festzusetzende Einkommensteuer ist durch den Beklagten zu berechnen.

2. Die Revision wird zugelassen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt war, die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen in 1992 nach § 1 AußensteuergesetzAStG – um 879.274 DM zu erhöhen.

Die Kläger sind Eheleute, die in Deutschland zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger – J.- und sein Bruder A. K. sind als Gesellschafter an Gesellschaften der Unternehmensgruppe K. beteiligt, die im Bereich des Versandhandels tätig ist. J. und A. K. waren ursprünglich zu jeweils 50 v. H. an den Kollektivgesellschaften schweizerischen Rechts C. T. K. & Co (T., im folgenden C. KG) sowie A. K. und Co (Z. im folgenden A. KG) beteiligt. Im Zuge einer Umstrukturierung der Unternehmensgruppe K. wurden die Geschäftsbetriebe dieser beiden Gesellschaften „mit allen Aktiven und Passiven” auf zwei deutsche GmbHs, an der der Kläger und A. K. jeweils zu 50. v. H. beteiligt waren, übertragen.

Dabei wurde wie folgt verfahren:

Der Geschäftsbetrieb der S. C. KG wurde in die deutsche C. V. … GmbH Textilien (im folgenden C. GmbH) eingebracht. Der übernommene Geschäftsbetrieb wurde von der C. GmbH als S. Zweigniederlassung weitergeführt. Die Übertragung des Geschäftsbetriebs erfolgte mit Vertrag vom 12. Dezember 1989. Die eingebrachten Aktiven und Passiven wurden dem Vermögen der S. Betriebsstätte zugeordnet. Im Rahmen dieser Einbringung wurde bei der C. GmbH mit Gesellschafterbeschluss vom 15. Dezember 1989 das Stammkapital im Wege einer Sacheinlage um 5 Mio. DM (2,5 Mio. DM je Gesellschafter) erhöht. Der Kläger und A. K. haben hierfür entsprechend ihrer jeweils 50%igen Beteiligung an der S. C. KG Gesellschaftsrechte in Höhe von jeweils 2,5 Mio. DM an der C. GmbH erhalten. Der positive Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der geleisteten Sacheinlage und der Kapitalerhöhung in Höhe von 25.115.948 DM wurde den Darlehenskonten der Gesellschafter J. und A. K. jeweils hälftig gut geschrieben. Die Gesellschafterdarlehen wurden bei der C. GmbH passiviert und nicht der S. Betriebsstätte in T., sondern dem deutschen Stammhaus, der O. GmbH, zugeordnet. Das Gesellschafterdarlehen wurde 1989 mit 1% über dem Bundesbank-Diskontsatz verzinst. Ab 1990 wurde das Darlehen zinslos gewährt. Ein schriftlicher Darlehensvertrag wurde nicht abgeschlossen. Schließlich haben die beiden Gesellschafter die Beteiligungen an der C. GmbH in die vorgeschaltete deutsche K. GmbH + Co H. KG (P.) eingebracht, an der neben der beteiligungslosen Komplementärin der Kläger und A. K. zu jeweils 50 % beteiligt sind. Zwischen der C. GmbH sowie der K. GmbH + CO H. KG wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1990 ein Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen.

Bei der Übertragung des Geschäftsbetriebs der S. A. KG auf die deutsche A. S. GmbH (im folgenden A. GmbH) wurde entsprechend verfahren. Die Einbringung des Geschäftsbetriebs, der als S. Zweigniederlassung weitergeführt wurde, erfolgte mit Vertrag vom 23. August 1991. Die eingebrachten Ak...

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