Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsloses Kind: Zwangspause durch Einberufung zum Wehrdienst

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kindergeldanspruch für ein seit längerem arbeitsloses Kind im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, das zum Wehrdienst einberufen worden ist, besteht für die dem Wehrdienst vorausgehende Zeitspanne auch dann, wenn das Kind nach seiner Einberufung dem Meldetermin nach § 132 AFG nicht mehr nachkommt.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 2; EStR 1999 R 180a; DA-FamEStG 63.3.3; AFG § 132

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen VIII R 56/00)

 

Tatbestand

Der am ... geborene Sohn ... der Klägerin (Klin) war bei der Arbeitsvermittlung des Arbeitsamts ... seit dem als arbeitslos gemeldet. Am ... begann das Wehrdienstverhältnis, das er am ... antrat. Auf die Schreiben des Kreiswehrersatzamts ... vom ... („Einberufungsplanung, Anhörung und Vorbenachrichtigung”) und ... („Einberufung zum Grundwehrdienst”) wird Bezug genommen.

Der Sohn ... stand der Arbeitsvermittlung seit dem 13.08.1996 zur Verfügung. Der letzte Meldungstermin nach § 132 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), dem der Sohn ... nachkam, fand Anfang Dezember 1996 statt. Die weiteren Termine zur Meldung nach § 132 AFG am 23.12.1996 und am ... nahm der Sohn ... allerdings nicht mehr wahr.

Am ... erreichte die beklagte Behörde die Mitteilung der Klin, daß der Sohn ... ab ... bei der Bundeswehr Dienst tue.

Für den Sohn ... hatte die Klin. in den Monaten Januar bis März ... Kindergeld in Höhe von insgesamt ... DM bezogen. Mit Bescheid vom 20.03.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.05.1997 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Januar 1997 auf und forderte von der Klin die Rückzahlung von Kindergeld in Höhe von ... DM.

Mit der Klage verfolgt die Klin die Gewährung von Kindergeld für die Monate Januar bis März 1997. Sie trägt im wesentlichen vor, der Sohn ... habe der Arbeitsvermittlung auch nach dem 01.01.1997 zur Verfügung gestanden. Dies folge aus der Einladung zum ... und aus einem Schreiben der Familienkasse vom ... (Bl. 9 der FG-Akte). Für den Vortrag der Klin im übrigen wird auf die Klageschrift vom 30.5.1997 Bezug genommen.

Die Klin beantragt (sinngemäß),

die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld im Bescheid vom 20.03.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.05.1997 für die Monate Januar bis März 1997 zu beseitigen.

Die Behörde stellt dagegen den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Die Behörde steht auf dem Standpunkt, daß der Sohn ... ab dem 23.12.1996 nicht mehr der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand, da er es am 23.12.1996 und 03.01.1997 versäumt habe, seiner gesetzlich festgelegten Meldepflicht nachzukommen. Die in den Verwaltungsvorschriften vorgesehene Angleichung von Zwangspausen an die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG, R 180 a EStR 1999) lasse sich nicht auf die Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG übertragen. Schließlich habe der Sohn ... bewußt gegen die ihm obliegenden Pflichten verstoßen. Auf die behördlichen Schriftsätze vom 06.11.1997 und 07.07.2000 wird im übrigen Bezug genommen.

Es erschien sachdienlich, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Abs. 1 FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zum Teil begründet.

Da das Wehrdienstverhältnis des Sohnes ... bereits am 01.03.1997 0.00 Uhr begann, stand der Klin für den Monat März 1997 allerdings kein Kindergeld mehr zu, da die Anspruchsvoraussetzungen zum Ende des Februars 1997 weggefallen sind (§ 66 Abs. 2 EStG). Die Familienkasse war daher gemäß § 70 Abs. 2 EStG befugt, die Kindergeldfestsetzung den veränderten Verhältnissen anzupassen und das für März 1997 bereits ausgezahlte Kindergeld gemäß § 37 Abs. 2 AO zurückzufordern. Insoweit konnte die Klage folglich keinen Erfolg haben.

Entgegen der Auffassung der beklagten Kindergeldkasse liegen jedoch für die Monate Januar und Februar 1997 die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld gemäß §§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 EStG vor.

Nach § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (§§ 62 ff EStG) bewirkt.

Diese wegen ihrer Bedeutung ausdrücklich ins Gesetz aufgenommene Zielsetzung kommt insbesondere bei der Auslegung der Vorschriften zum Tragen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kinderfreibeträgen oder Kindergeld übereinstimmend regeln. Dabei ist es unerheblich, ob das Kindergeld im Einzelfall ausschließlich dem in § 31 Satz 2 EStG genannten Sozialzweck dient.

Hat das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, so mag es im Ermessen des Gesetzgebers liegen, in welcher Form das Einkommensteuerrecht die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des gegenüber dem Kind noch konkret unterhaltspflichtigen Elternteils berücksichtigt. Der Gesetzgeber hat sich jedoch in § 32 Abs....

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