Leitsatz

Auch wenn sich eine Arrestanordnung mit dem Eintritt der Vollstreckbarkeit der zugrunde liegenden Bescheide schon vor Klageerhebung erledigt, kann das für eine zulässige Fortsetzungsklage erforderliche Feststellungsinteresse bei beabsichtigter Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zu bejahen sein.

 

Sachverhalt

Eine GmbH (Klägerin) begehrte im Einspruchsverfahren die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Arrestanordnung des Finanzamts vom 28.8.2013, mit der es den dinglichen Arrest in ihr Vermögen zur Sicherung von Steuerforderungen von rund 217.000 EUR angeordnet hatte. Die Steuernachzahlung basierte auf Feststellungen der Außenprüfung und Steuerfahndung sowie der Finanzkontrolle Schwarzarbeit.

Das Finanzamt erließ am 25.10.2013 entsprechende Steuerbescheide, die von der Klägerin ebenfalls angefochten wurden. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide entsprachen das Finanzamt und das Finanzgericht nur teilweise.

Obwohl das Arrestverfahren durch den Erlass der Steuerbescheide auch nach Auffassung der Klägerin in das normale Vollstreckungsverfahren übergeleitet und dadurch gegenstandlos geworden war, hat sie Klage mit dem Ziel der Feststellung erhoben, dass die Arrestanordnung rechtswidrig war. Ihr Interesse an der begehrten Feststellung ergebe sich aus der beabsichtigten Schadenersatzklage gegen das Land, mit der sie den Ersatz der Rechtsanwaltskosten anstrebe.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entscheidet, dass die Klage zulässig und die von der Klägerin erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage das statthafte Rechtsmittel ist.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist für die Zulässigkeit einer solchen Klage erforderlich, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Feststellung des Finanzgerichts dazu dienen soll, die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen vor den Zivilgerichten zu erleichtern. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die Schadensersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass die finanzgerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Vorliegend war dieses Feststellungsinteresse zu bejahen, da die Klägerin ausdrücklich erklärt hat, sie beabsichtige eine Schadensersatzklage gegen das Land zu erheben.

Die Klage ist auch begründet, da es hier an einem Arrestgrund fehlt. Der Hinweis des Finanzamts auf die allgemein schlechte Vermögenslage des Arrestschuldners sowie der Vortrag, dass der Arrestschuldner sein Vermögen beiseiteschaffen könnte, sind zu allgemein gehalten, um die Besorgnis zu rechtfertigen, die Klägerin werde einen bestehenden Zustand verändern, um die zukünftige Zwangsvollstreckung zu gefährden, so dass ohne Anordnung des dinglichen Arrests die Beitreibung vereitelt oder wesentlich verschlechtert werde.

 

Hinweis

Das Finanzamt hat die vom Finanzgericht zugelassene Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt (Az beim BFH I R 82/16). Der Bundesfinanzhof wird sich in dem Revisionsverfahren u. a. auch mit der verfahrensrechtlichen Frage auseinandersetzen müssen, ob ein berechtigtes Interesse für die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage vorliegt, wenn die Erhebung einer Schadensersatzklage gegen die Behörde wegen der Rechtsanwaltskosten für die Vertretung im außergerichtlichen Verfahren gegen die Arrestanordnung beabsichtigt ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.10.2016, 10 K 10324/14

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