Bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung wegen ungewisser Tatsachen i. S. d. § 165 Abs. 1 Satz 1 AO endet die Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 8 Satz 1 AO nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die Finanzbehörde von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erhalten hat. Bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO wegen ungewisser Vorschriften i. V. m. einem anhängigen Musterverfahren beim BFH, BVerfG oder EuGH endet die Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 8 Satz 2 AO nicht vor Ablauf von 2 Jahren, nachdem die Finanzbehörde von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erlangt hat. Die Ablaufhemmung beschränkt sich dabei nur auf den für vorläufig erklärten Teil der Steuerfestsetzung.

"Kenntnis" verlangt positive Kenntnis der Finanzbehörde von der Beseitigung der Ungewissheit. Es reicht nicht aus, dass die Ungewissheit objektiv beseitigt ist. Ein "Kennen müssen" von Tatsachen, die das Finanzamt bei pflichtgemäßer Ermittlung erfahren hätte, steht der Kenntnis nicht gleich.[1]

Ein vorläufiger Steuerbescheid löst die Ablaufhemmung auch aus, wenn die Vorläufigkeitserklärung rechtswidrig war und der Steuerpflichtige den vorläufigen Bescheid nicht (mit Erfolg) angefochten hat.[2] Eine unwirksame (nichtige) vorläufige Steuerfestsetzung führt dagegen nicht zur Ablaufhemmung.

 
Wichtig

Zusätzliche Ablaufhemmung durch Antrag auf Änderung

Geht ein anhängiges Musterverfahren beim BVerfG positiv für den Steuerzahler aus, muss das Finanzamt in den betroffenen Fällen zwar von Amts wegen tätig werden und die Bescheide gem. § 165 Abs. 2 Satz 2 AO vor Ablauf der ggf. gem. § 171 Abs. 8 Satz 2 AO verlängerten Festsetzungsfrist ändern. Wird dies – aus welchen Gründen auch immer – versäumt, geht dies jedoch zulasten des Steuerpflichtigen. Zur Sicherheit empfiehlt sich daher ein Änderungsantrag, der seinerseits zusätzlich die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 auslöst.

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