Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit einer Außenprüfung begonnen, läuft gem. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Führt die Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen[1], läuft die Frist 3 Monate nach Ablauf der Bekanntgabe der Mitteilung hierüber ab. Außenprüfung i. S. d. § 171 Abs. 4 AO ist auch eine abgekürzte Außenprüfung i. S. d. § 203 AO. Auch eine von der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO durchgeführte Außenprüfung gehört dazu.

Eine Außenprüfung hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur für die in der Prüfungsanordnung genannten und tatsächlich geprüften Steuern.[2] Prüfungshandlungen, für die keine wirksame Prüfungsanordnung vorliegt oder die von einer Prüfungsanordnung nicht gedeckt sind, können eine Hemmung der Verjährung nicht herbeiführen.

Das Gleiche gilt, wenn eine wirksame, aber rechtswidrige Prüfungsanordnung auf Anfechtung hin aufgehoben oder die Rechtswidrigkeit der erledigten Prüfungsanordnung gerichtlich festgestellt wird.[3]

 
Praxis-Beispiel

Vorgehen bei fehlerhafter Prüfungsanordnung

Um bei einer rechtswidrigen Prüfungsanordnung die zunächst eingetretene Ablaufhemmung zu beseitigen, muss diese mit dem Einspruch, ggf. der Klage, angefochten werden. Nur so kann für den Fall, dass die Außenprüfung trotz Einspruchs gegen die Prüfungsanordnung durchgeführt wird, erfolgreich gegen die danach ergehenden Steuerbescheide mit dem Einwand des Eintritts der Festsetzungsverjährung vorgegangen werden.[4]

Eine Außenprüfung kann eine Ablaufhemmung nur bei dem Steuerpflichtigen bewirken, dessen Verhältnisse durch die Außenprüfung geprüft werden. Eine Ablaufhemmung gegenüber Dritten tritt nicht ein. Durch eine Lohnsteueraußenprüfung beim Arbeitgeber wird daher die Festsetzungsfrist in Bezug auf den Einkommensteueranspruch gegen den Arbeitnehmer nicht gehemmt.[5] Ebenso wirkt eine nur gegenüber einem Ehegatten durchgeführte Außenprüfung nicht gegenüber dem anderen Ehegatten, auch wenn sie zusammen veranlagt werden.[6]

Eine Ablaufhemmung tritt nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO auch ein, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben wird; das Finanzamt kann i. d. R. nach der antragsgemäßen Verschiebung mindestens 2 Jahre mit der Prüfung zuwarten.[7] Eine Ablaufhemmung tritt ebenfalls ein, wenn der Prüfungsbeginn deswegen hinausgeschoben wird, weil der Steuerpflichtige die Festlegung des Prüfungsbeginns – deren Rechtmäßigkeit vorausgesetzt[8] – angefochten und deren Aussetzung der Vollziehung beantragt und erreicht hat.[9]

Unterbricht das FA die Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als 6 Monaten aus Gründen, die es selbst zu vertreten hat (z. B. Erkrankung des Prüfers, fehlende Prüfungskapazität), entfällt nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO die Ablaufhemmung, es sei denn, die Wiederaufnahme der Prüfung erfolgt noch innerhalb der Regelfestsetzungsfrist. Damit soll einer missbräuchlichen Ausnutzung der Möglichkeit, eine Ablaufhemmung herbeizuführen, entgegengetreten werden. An diesem Sinn und Zweck hat sich die Auslegung des Kriteriums "unmittelbar nach ihrem Beginn" zu orientieren. So kann z. B. bei einer auf 3 Tage geplanten Außenprüfung eines Kleinbetriebs die Prüfung "unmittelbar nach ihrem Beginn" unterbrochen sein, wenn erst einige Stunden geprüft wurde. Bei einer auf ein halbes Jahr angesetzten Prüfung eines Konzerns kann hingegen "unmittelbar" auch noch nach einigen Tagen sein.

Die Festsetzungsfrist für die Auswertung von Prüfungsfeststellungen endet gem. § 171 Abs. 4 Satz 3 AO spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Schlussbesprechung oder die letzten Ermittlungshandlungen stattgefunden haben, die Regelfestsetzungsfristen (4, 5 oder 10 Jahre) verstrichen sind. Sind in dieser Zeit keine neuen Bescheide erlassen worden, ist eine Änderung der Festsetzung nicht mehr zulässig.

 
Hinweis

Neuregelung des § 171 Abs. 4 AO mit Wirkung ab VZ 2025

Durch das am 28.12.2022 verkündete "DAC 7-Umsetzungsgesetz"[10] wurde § 171 Abs. 4 AO neu geregelt. Die an den Beginn einer Außenprüfung anknüpfende Ablaufhemmung nach Satz 1 soll nach dem neuen Satz 3 1. Halbsatz künftig i. d. R. spätestens 5 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres enden, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Durch diese Beschränkung des für eine Außenprüfung und die Auswertung der Prüfungsfeststellungen zur Verfügung stehenden Zeitraums soll eine wesentliche Beschleunigung der Außenprüfung erreicht werden. Für bestimmte Konstellationen sind in den neuen Sätzen 4 bis 8 allerdings Verlängerungen dieser 5-Jahresfrist vorgesehen, und zwar im Falle der

  • Verschiebung/Unterbrechung des Beginns der Prüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen
  • Inanspruchnahme zwischenstaatlicher Amtshilfe durch das Finanzamt
  • Einleitung eines Strafverfahrens.

Neben diesen Verlängerungstatbeständen ...

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