Nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig. Entsprechend darf ein Steuerbescheid gem. § 169 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO auch nicht mehr aufgehoben, geändert oder berichtigt werden. Mit Ablauf der Festsetzungsfrist erlischt gem. § 47 AO der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis.

Für steuerliche Nebenleistungen gelten die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung sinngemäß, soweit dies besonders vorgeschrieben ist, z. B. bei den Zinsen.[1] Für Verspätungszuschläge und Zwangsgelder fehlt dagegen eine entsprechende Bestimmung, sie unterliegen somit nicht der Festsetzungsverjährung, ebenso wenig Säumniszuschläge, da sie schon gar nicht festgesetzt werden. Sämtliche steuerlichen Nebenleistungen unterliegen allerdings der Zahlungsverjährung.

Erfolgt eine Steuerfestsetzung trotz Eintritts der Festsetzungsverjährung, ist sie rechtswidrig, nicht nichtig. Wird sie nicht mit dem Einspruch angefochten, ist die festgesetzte Steuer zu erheben. Ein Erlass nur wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung kommt i. d. R. nicht in Betracht. Eine möglicherweise eingetretene Festsetzungsverjährung schließt Ermittlungshandlungen des Finanzamts im Einzelfall nicht aus.[2]

Die Festsetzungsfrist ist nicht wiedereinsetzungsfähig.[3] Von Bedeutung ist dies insbesondere bei der Antragsveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG und bei Korrekturanträgen nach bereits erfolgter Steuerfestsetzung.

Für den Fall, dass der letzte Tag der Verjährungsfrist auf einen Wochenend- oder Feiertag fällt, findet § 108 Abs. 3 AO Anwendung.[4]

1.1 Festsetzungsfristen

Die Festsetzungsfrist beträgt gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO normalerweise für die Besitz- und Verkehrssteuern, also auch für die Einkommensteuer, 4 Jahre. Diese Frist verlängert sich gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf 10 Jahre bei einer Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 AO und auf 5 Jahre bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung i. S. d. § 378 AO. Weder eine strafbefreiende Selbstanzeige noch die Einstellung des Strafverfahrens noch andere Strafverfolgungshindernisse wie Tod des Steuerpflichtigen oder Strafverfolgungsverjährung schließen die Geltung der 10-jährigen Frist aus.

Die für die Steuerfestsetzung zuständige Stelle der Finanzbehörde (Veranlagungsstelle) prüft selbstständig, ob die Voraussetzungen für eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegen. An die Entscheidung in einem etwaigen Straf- und Bußgeldverfahren ist die Veranlagungsstelle nicht gebunden. Die in einem Straf- oder Bußgeldverfahren getroffenen Feststellungen können jedoch im Regelfall für das Besteuerungsverfahren übernommen werden.[1] Liegen solche nicht vor, hat die Veranlagungsstelle den für die Feststellung der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung erheblichen Sachverhalt aufzuklären. Hierbei trägt sie die objektive Beweislast (Feststellungslast). Nach Abschluss der Sachverhaltsermittlungen verbleibende Ungewissheiten in tatsächlicher Hinsicht gehen daher zulasten des Finanzamts. Soweit ernsthafte Zweifel am Vorliegen einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung nicht ausgeräumt werden können, hat das Finanzamt zugunsten des Steuerpflichtigen zu entscheiden.[2]

Da es im Besteuerungsverfahren nicht darauf ankommt, wer die Steuer hinterzogen oder leichtfertig verkürzt hat, muss bei Gesamtschuldnerschaft (Ehegatten/Lebenspartner bei Zusammenveranlagung) jeder Gesamtschuldner die Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Steuerverkürzung des anderen gegen sich gelten lassen.[3] Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger i. S. d. § 45 AO in die Rechtsstellung des Erblassers ein. Die längere Festsetzungsfrist geht damit auf den Erben bzw. die Miterben über, wenn der Erblasser Steuern hinterzogen oder leichtfertig verkürzt hat. Begeht ein Miterbe wiederum eine Steuerhinterziehung wegen Verstoßes gegen die u. U. eintretende Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 Satz 2 AO, muss sich dies der andere Miterbe im Hinblick auf die weitere Verlängerung der Festsetzungsfrist ebenfalls – unabhängig von seiner eigenen Kenntnis – zurechnen lassen.[4]

Höchstrichterlich geklärt ist, ob im Falle der eigenständigen Steuerhinterziehung des Erben durch Unterlassen seiner Berichtigungspflicht sich – im Hinblick auf die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 7 AO – das Ende der Festsetzungsfrist noch weiter hinausschieben kann. Der BFH hat dies bejaht. Dementsprechend läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, wenn der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in eine 10-jährige Festsetzungsfrist eintritt und hinsichtlich derselben Steuer eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begeht. Die Ablaufhemmung dauert in diesem Fall an, solange der Erbe wegen seiner eigenen Hinterziehung strafrechtlich verfolgt werden kann.[5]

Bedient sich der Steuerpflichtige bei der Erstellung der Steuererkl...

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