Leitsatz

1. Ob ein unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG bei Beschaffung und Unterhaltung eines Sportwagens durch einen Freiberufler vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen, angesichts der erwarteten Vorteile und ­Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde (Anschluss an BFH, Urteil vom 27.2.1985, I R 20/82, BFHE 143, 440, BStBl II 1985, 458).

2. Ist der Aufwand i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG unangemessen, ist Maßstab für die dem Gericht obliegende Feststellung des angemessenen Teils der Betriebsausgaben die Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Unternehmers in derselben Situation des Steuerpflichtigen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7, § 4 Abs. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger betreibt eine Tierarztpraxis für Kleintiere. Als betriebliches Fahrzeug hielt er einen VW Multivan, dessen privater Nutzungsanteil nach der 1 %‐Regelung angesetzt wurde. Zusätzlich leaste er einen Ferrari Spider, einen 400-PS‐Sportwagen. Die Mietsonderzahlung für das Fahrzeug betrug 15.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Vereinbart wurden weitere 36 monatliche Leasingraten von jeweils 1.961,66 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Für das Fahrzeug führte der Kläger ein Fahrtenbuch. Danach betrug die Gesamtfahrleistung im Jahr 2005 550 km; eine Strecke von 104 km diente dem Besuch einer Kollegin wegen eines Narkosegeräts, die übrigen Fahrten dienten der Unterhaltung des Fahrzeugs (Überführung, Tanken und Reifenwechsel). 2006 fuhr der Kläger mit dem Ferrari Spider insgesamt 3.794 km, wobei 3.456 km auf neun Fahrten zu weiter entfernten Fortbildungsveranstaltungen entfielen. Weitere betriebliche Fahrten unternahm der Kläger nicht. 2007 betrug die Gesamtfahrleistung 2.387 km; davon waren Fahrten im Umfang von 2.113 km betrieblich veranlasst (fünfmal zu Fortbildungsveranstaltungen und zu einem Gerichtstermin).

Der Kläger ermittelte für das Fahrzeug jährliche Gesamtkosten zwischen 28.000 EUR und 36.000 EUR. Den Privatanteil ermittelte er durch Fahrtenbuch und machte den betrieblichen Anteil in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre als Betriebsausgabe geltend. Das FA zog hingegen unter Berufung auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG für die betrieblichen Fahrten nur pauschal 1 € je Kilometer ab.

Der daraufhin erhobenen Klage gab das FG nur insoweit statt, als es den angemessenen Teil der Fahrzeugkosten von 1 EUR auf 2 EUR pro Kilometer erhöhte. Im Übrigen wies es die Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 27.1.2012, 7 K 966/2009, Haufe-Index 2942872, EFG 2012, 1238). Als Betriebsausgaben könnten die Kosten für die betrieblichen Fahrten mit dem Ferrari Spider gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG nur im angemessenen Umfang berücksichtigt werden. Dabei seien die Kosten für aufwändigere Modelle gängiger Marken der Oberklasse (BMW und Mercedes-Benz) zum Vergleich heranzuziehen.

 

Entscheidung

Die Revision blieb erfolglos. Der BFH führte aus: Die Würdigung des FG, das die Aufwendungen für den Ferrari wegen des absolut geringen betrieblichen Nutzungsumfangs (in drei Jahren nur 20 Tage) und wegen fehlenden Einsatzes in der berufstypischen tierärztlichen Tätigkeit einerseits sowie des hohen Repräsentations‐ sowie privaten Affektionswerts eines Luxussportwagens andererseits als unangemessen beurteilt hatte, sei mit den dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinbar.

Es bestünden auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Bemessung des "angemessenen Teils" der Fahrtkosten durch das FG, das den angemessenen Teil der Betriebsausgaben unter Rückgriff auf durchschnittliche Fahrtkostenberechnungen in Internetforen geschätzt, die Kosten für aufwändigere Modelle der Oberklasse zum Vergleich herangezogen und zugunsten des Klägers den sich für das teuerste Vergleichsfahrzeug ergebenden Durchschnittswert von 2 EUR je Fahrtkilometer zugrunde gelegt hatte.

 

Hinweis

1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG dürfen, sofern nicht andere Abzugsverbote eingreifen, Aufwendungen den Gewinn nicht mindern, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.

2. Diese Generalklausel an der Grenzlinie zwischen Betriebs- und Privatsphäre kommt in der richterlichen Spruchpraxis fast nicht vor; sie liegt in einer Art Dornröschenschlaf. In diesem Fall ist sie jedoch Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung von Betriebsausgaben für einen betrieblich genutzten PKW. Im Einzelnen:

a) Aufwendungen berühren die Lebensführung im Sinne der Vorschrift, wenn sie durch die persönlichen Motive des Steuerpflichtigen mitveranlasst sind, ohne dass deshalb die betriebliche Veranlassung zu verneinen ist und ohne dass es einer teilweisen privaten Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts bedarf.
b)

Dies gilt auch für die Beschaffung eines ausschließlich betrieblich genutzten PKW. Denn auch in...

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