Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Werbungskostenabzug von Renten, die aufgrund der Übertragung einer Immobilie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gezahlt werden, Voraussetzung der unbeschränkten Steuerpflicht

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht.

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

Ulrich Schröder

Finanzamt Hameln

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Beschluss vom 14.10.2009; Aktenzeichen 3 K 278/07)

 

Tatbestand

„Freier Kapitalverkehr ‐ Direkte Besteuerung ‐ Besteuerung von Einkünften aus der Vermietung von Immobilien ‐ Abziehbarkeit von Renten, die einem Elternteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gezahlt werden ‐ Voraussetzung der unbeschränkten Steuerpflichtigkeit im fraglichen Mitgliedstaat“

In der Rechtssache C-450/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Niedersächsischen Finanzgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 19. November 2009, in dem Verfahren

Ulrich Schröder

gegen

Finanzamt Hameln

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von U. Schröder, vertreten durch Rechtsanwalt R. Geck,

‐ des Finanzamts Hameln, vertreten durch P. Klose als Bevollmächtigten,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch C. Blaschke als Bevollmächtigten,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-S. Pilczer als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und W. Mölls als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Dezember 2010

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18 AEUV und 63 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Schröder und dem Finanzamt Hameln wegen dessen Weigerung, eine von Herrn Schröder an seine Mutter gezahlte Rente von Einkünften abzuziehen, die aus der Vermietung von in Deutschland belegenen und von ihm insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erworbenen Immobilien stammen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (Artikel aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) (ABl. L 178, S. 5) bestimmt:

„Unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen beseitigen die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in Anhang I gegliedert.“

Rz. 4

Zu dem in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgeführten Kapitalverkehr gehört unter der Rubrik XI der Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter, der u. a. Schenkungen und Stiftungen umfasst.

Nationales Recht

Rz. 5

§ 1 des deutschen Einkommensteuergesetzes in der auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (BGBl. 2002 I S. 4210, im Folgenden: EStG) bestimmt u. a., dass natürliche Personen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, während natürliche Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, beschränkt einkommensteuerpflichtig sind, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben. Zu den dort genannten Einkünften gehören solche aus der Vermietung einer in Deutschland belegenen Immobilie.

Rz. 6

§ 10 EStG trägt die Überschrift „Sonderausgaben“. In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es:

„Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind:

1a. auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben; …“

Rz. 7

§ 50 EStG enthält Sondervorschriften für beschränkt steuerpflichtige Personen. In Abs. 1 heißt es:

„Beschränkt Steuerpflichtige dürfen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 bis 8) oder Werbungskosten (§ 9) nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. … Die … §§ … 10 … sind nicht anzuwenden. …“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Rz. 8

Herr Schröder ist deutscher Staat...

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