Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von auf ausländischen Dividenden lastender Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer, Berechnung der Steuergutschrift, Nachweisführung für die Steuergutschrift

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Art. 56 EG und 58 EG stehen bei der Berechnung der Höhe der Steuergutschrift, auf die ein in einem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner in Verbindung mit von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Kapitalgesellschaft gezahlten Dividenden Anspruch hat, in dem Fall, dass die nach den Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt wurden, der Anwendung einer Vorschrift wie § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes vom 7. September 1990 in der Fassung des Gesetzes vom 13. September 1993 entgegen, wonach die auf ausländischen Dividenden lastende Körperschaftsteuer in Höhe des Bruchteils, der der Körperschaftsteuer auf von Gesellschaften des erstgenannten Mitgliedstaats ausgeschüttete Bruttodividenden entspricht, auf die von dem Anteilseigner zu entrichtende Einkommensteuer angerechnet wird.

Die Steuergutschrift ist nach Maßgabe des Körperschaftsteuersatzes zu berechnen, der nach dem Recht des Sitzmitgliedstaats der ausschüttenden Gesellschaft auf die ausgeschütteten Dividenden angewandt wird, wobei der gutzuschreibende Betrag indessen nicht den Betrag der Einkommensteuer übersteigen kann, den der begünstigte Anteilseigner in dem Mitgliedstaat, in dem er unbeschränkt steuerpflichtig ist, auf die bezogenen Dividenden zu entrichten hat.

2. Die Art. 56 EG und 58 EG stehen in Bezug auf das Maß an Präzision, das die Nachweise aufweisen müssen, die erforderlich sind, um in den Genuss einer Steuergutschrift in Verbindung mit Dividenden zu kommen, die von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem gezahlt werden, in dem der Empfänger unbeschränkt steuerpflichtig ist, der Anwendung einer Vorschrift wie § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes vom 7. September 1990 in der Fassung des Gesetzes vom 13. September 1993 entgegen, wonach die Detailliertheit und die Präsentationsform der Nachweise, die ein solcher Empfänger beizubringen hat, der Detailliertheit und der Präsentationsform entsprechen müssen, die verlangt werden, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz im Besteuerungsmitgliedstaat des Empfängers hat.

Die Steuerbehörden des letztgenannten Mitgliedstaats sind befugt, von dem Empfänger die Vorlage von Belegen zu verlangen, anhand deren sie eindeutig und genau überprüfen können, ob die in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Steuergutschrift vorliegen, ohne dass sie dabei die Steuergutschrift schätzen dürfen.

3. Der Effektivitätsgrundsatz steht einer nationalen Regelung ‐ wie sie sich aus § 175 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften in Verbindung mit Art. 97 § 9 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 in seiner geänderten Fassung ergibt ‐ entgegen, die es rückwirkend und ohne Einräumung einer Übergangsfrist verwehrt, eine Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer auf Dividenden, die von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gezahlt wurden, dadurch zu erlangen, dass entweder eine den Anforderungen des Mitgliedstaats, in dem der Empfänger der Dividenden unbeschränkt steuerpflichtig ist, genügende Bescheinigung über diese Steuer oder Belege vorgelegt werden, anhand deren die Steuerbehörden dieses Mitgliedstaats eindeutig und genau überprüfen können, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Steuervorteils vorliegen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts zu bestimmen, welche Frist für die Vorlage dieser Bescheinigung oder dieser Belege angemessen ist.

 

Normenkette

EGVtr Art. 56, 58; EStG § 36 Abs. 2 Nr. 3; AO § 175 Abs. 2 S. 2

 

Beteiligte

Meilicke u.a

Wienand Meilicke u. a

Finanzamt Bonn-Innenstadt

 

Verfahrensgang

FG Köln (Beschluss vom 14.05.2009; Aktenzeichen 2 K 2241/02; EFG 2009, 1491)

 

Tatbestand

„Freier Kapitalverkehr ‐ Einkommensteuer ‐ Bescheinigung über die tatsächlich gezahlte Körperschaftsteuer, die auf Dividenden aus dem Ausland lastet ‐ Vermeidung der Doppelbesteuerung von Dividenden ‐ Steuergutschrift bei von inländischen Gesellschaften gezahlten Dividenden ‐ Erforderliche Nachweise über die anrechenbare ausländische Steuer“

In der Rechtssache C-262/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. Mai 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Juli 2009, berichtigt mit Entscheidung vom 10. August 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 7. September 2009, in dem Verfahren

Wienand Meilicke,

Heidi Christa Weyde,

Marina Stöffler

gegen

Finanzamt Bonn-Innenstadt

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des ...

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