Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Informationsgesellschaft. Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte. Elektronisches Kopieren von Audiofragmenten (Sampling). Tonträgerhersteller. Vervielfältigungsrecht. ‚Teilweise’ Vervielfältigung. Ausnahmen und Beschränkungen. Reichweite. Zitate. Verbreitungsrecht. Grundrechte. Freiheit der Kunst

 

Normenkette

Richtlinie 2001/29/EG Art. 2 Buchst. c, Art. 5 Abs. 2-3, 3 Buchst. d; Richtlinie 2006/115/EG Art. 9 Abs. 1 Buchst. b; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 13

 

Beteiligte

Pelham u.a

Pelham GmbH

Moses Pelham

Martin Haas

Ralf Hütter

Florian Schneider-Esleben

 

Nachgehend

OLG Hamburg (Urteil vom 28.04.2022; Aktenzeichen 5 U 48/05)

 

Tenor

1. Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist unter Berücksichtigung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass das ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers aus dieser Bestimmung, die Vervielfältigung seines Tonträgers zu erlauben oder zu verbieten, ihm gestattet, sich dagegen zu wehren, dass ein Dritter ein – auch nur sehr kurzes – Audiofragment seines Tonträgers nutzt, um es in einen anderen Tonträger einzufügen, es sei denn, dass dieses Fragment in den anderen Tonträger in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form eingefügt wird.

2. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass es sich bei einem Tonträger, der von einem anderen Tonträger übertragene Musikfragmente enthält, nicht um eine „Kopie” dieses anderen Tonträgers im Sinne dieser Vorschrift handelt, da er nicht den gesamten Tonträger oder einen wesentlichen Teil davon übernimmt.

3. Ein Mitgliedstaat darf in seinem nationalen Recht keine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Recht des Tonträgerherstellers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 vorsehen, die nicht in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehen ist.

4. Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Zitate” in dieser Bestimmung keine Situation erfasst, in der das zitierte Werk nicht zu erkennen ist.

5. Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er eine Maßnahme zur vollständigen Harmonisierung des materiellen Gehalts des in ihm geregelten Rechts darstellt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 1. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 4. August 2017, in dem Verfahren

Pelham GmbH,

Moses Pelham,

Martin Haas

gegen

Ralf Hütter,

Florian Schneider-Esleben

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, M. Vilaras, und T. von Danwitz, der Kammerpräsidentin C. Toader, der Kammerpräsidenten F. Biltgen und C. Lycourgos sowie der Richter E. Juhász, M. Ilešič (Berichterstatter), L. Bay Larsen und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Pelham GmbH sowie von Herrn Pelham und Herrn Haas, vertreten durch Rechtsanwalt A. Walter,
  • von Herrn Hütter und Herrn Schneider-Esleben, vertreten durch Rechtsanwältin U. Hundt-Neumann und Rechtsanwalt H. Lindhorst,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, M. Hellmann und J. Techert als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, D. Segoin und E. Armoët als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Lavery und D. Robertson als Bevollmächtigte im Beistand von N. Saunders, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Dezember 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. c und Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10) sowie von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 2006, L 376, S. 28).

Rz. 2

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