Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebot der Erstattung zuviel einbehaltener Lohnsteuer bei ausländischen Arbeitnehmern, die nicht während eines ganzen Jahres im Inland ansässig sind

 

Leitsatz (amtlich)

1) Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag und aus Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft verstoßen, daß es nationale Rechtsvorschriften aufrechterhält, denen zufolge die zuviel einbehaltenen Steuern auf die Löhne und Gehälter eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der nur während eines Teils des Jahres im Inland niedergelassen oder dort im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt war, der Staatskasse verfallen und nicht erstattet werden können.

2) Das Großherzogtum Luxemburg trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 48 Abs. 2

 

Beteiligte

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Großherzogtum Luxemburg

 

Tatbestand

ARTIKEL 48 EG-VERTRAG - GLEICHBEHANDLUNG - BESTEUERUNG DES EINKOMMENS VON ZEITWEISE GEBIETSANSAESSIGEN - ERSTATTUNG DER ZUVIEL EINBEHALTENEN STEUERN

RECHTSSACHE C-151/94

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

GEGEN

GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG.

Urteil

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 3. Juni 1994 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag und aus Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) verstoßen hat, daß es Rechtsvorschriften aufrechterhält, denen zufolge die zuviel einbehaltenen Steuern auf die Löhne und Gehälter eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der nur während eines Teils des Steuerjahrs im Inland niedergelassen und/oder dort im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt war, der Staatskasse verfallen und nicht erstattet oder berichtigt werden können.

2 Nach luxemburgischen Steuerrecht erfolgt die Erstattung der zuviel einbehaltenen Einkommensteuer unterschiedlich, je nachdem, ob der Steuerpflichtige im Wege der Veranlagung besteuert wird oder nicht.

3 Der erste Fall betrifft den Steuerpflichtigen, der Löhne oder Gehälter bezieht, die einen bestimmten Betrag überschreiten, oder der erhebliche Einkünfte hat, die keinem Abzug an der Quelle unterliegen, und der daher zur Abgabe einer jährlichen Einkommensteuererklärung gegenüber der zuständigen Verwaltung verpflichtet ist, die auf dieser Grundlage einen Steuerbescheid erlässt. Nach Artikel 154 Absatz 5 der Loi sur l' impôt sur le revenu (Einkommensteuergesetz, im folgenden: LIR; Mémorial A Nr. 79 vom 6. Dezember 1967) wird die zuviel gezahlte Steuer auf andere Steuerforderungen angerechnet oder anderenfalls dem Steuerpflichtigen von Amts wegen erstattet.

4 Der zweite Fall betrifft den Steuerpflichtigen, der im wesentlichen Einkünfte hat, die einem Abzug an der Quelle unterliegen und einen bestimmten Betrag nicht überschreiten. Nach Artikel 145 Absatz 1 LIR kommt er in den Genuß eines Lohnsteuerjahresausgleichs.

5 Allerdings muß der Steuerpflichtige, um in den Genuß der Erstattung der zuviel gezahlten Steuer nach Artikel 154 Absatz 5 LIR oder des Jahresausgleichs nach Artikel 145 Absatz 1 LIR zu kommen, während des Steuerjahrs mindestens neun Monate in Luxemburg ansässig bzw. im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt gewesen sein.

6 Artikel 154 Absatz 6 LIR bestimmt nämlich:

"Die einbehaltenen Steuern auf Löhne und Gehälter werden nicht erstattet, wenn sie bei Arbeitnehmern einbehalten wurden, die nur während eines Teils des Jahres gebietsansässige Steuerpflichtige sind, weil sie sich im Laufe des Jahres im Lande niederlassen oder das Land verlassen."

7 Ferner bestimmt Artikel 145 Absatz 1 LIR:

"Auf den Jahresausgleich hat nur der Steuerpflichtige Anspruch, der seinen steuerlichen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt während des ganzen Steuerjahrs im Großherzogtum hatte, sowie der Steuerpflichtige, der diese Voraussetzung nicht erfüllt, aber während mindestens neun Monaten des Steuerjahrs dort als Arbeitnehmer beschäftigt war und seine Tätigkeit dort während dieser Zeit ununterbrochen ausgeübt hat."

8 Damit die Steuerpflichtigen, die die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllen, gleichwohl in den Genuß einer Erstattung der zuviel gezahlten Steuer aus Billigkeitsgründen gelangen können, müssen sie beim Direktor der Steuerbehörde nach Artikel 131 Absatz 1 der Abgabenordnung (AO) Einspruch erheben und eine im Hinblick auf ihre in diesem Jahr erzielten Einkünfte unverhältnismäßige Belastung geltend machen.

9 Die Kommission trägt unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes vom 8. Mai 1990 in der Rechtssache C-175/88 (Biehl, Slg. 1990, I-1779) vor, die Artikel 145 und 154 Absatz 6 LIR nähmen den Arbeitnehmern, ...

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