Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Ruhegehaltsempfänger, Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger, Steuergutschrift in Abhängigkeit vom Besitz einer Lohnsteuerkarte, DBA Luxemburg/Niederlande

 

Leitsatz (amtlich)

Die Art. 21 und 45 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Steuervorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, nach denen nur Steuerpflichtige, die im Besitz einer Lohnsteuerkarte sind, eine Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger erhalten.

 

Normenkette

AEUV Art. 21, 45

 

Beteiligte

Kohll und Kohll-Schlesser

Charles Kohll, Sylvie Kohll-Schlesser

Directeur de l administration des Contributions directes

 

Verfahrensgang

Tribunal administratif (Luxemburg) (Beschluss vom 16.06.2015; ABl. EU 2015, Nr. C 294/34)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Art. 21 und 45 AEUV ‐ Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit der Personen und Arbeitnehmer ‐ Einkommensteuer ‐ Ruhegehalt ‐ Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger ‐ Voraussetzungen für die Gewährung ‐ Besitz einer von der nationalen Verwaltung ausgestellten Lohnsteuerkarte“

In der Rechtssache C-300/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal administratif (Verwaltungsgericht, Luxemburg) mit Entscheidung vom 16. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juni 2015, in dem Verfahren

Charles Kohll,

Sylvie Kohll-Schlesser

gegen

Directeur de l’administration des contributions directes

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie der Richter A. Borg Barthet und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der luxemburgischen Regierung, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und C. Soulay als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Februar 2016

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 45 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen zwei in Luxemburg ansässigen Ruhegehaltsempfängern, Herrn Charles Kohll und Frau Sylvie Kohll-Schlesser, einerseits und dem Directeur de l’administration des contributions directes (Direktor der Verwaltung für direkte Abgaben, im Folgenden: Directeur) andererseits wegen dessen Weigerung, Herrn Kohll eine Steuergutschrift für die Steuerjahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Luxemburgisches Recht

Rz. 3

Art. 96 Abs. 1 des geänderten Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer (Memorial A 1967, S. 1228, im Folgenden: LIR) bestimmt in der für den Ausgangssachverhalt maßgeblichen Fassung:

„Als Einkünfte aus Pensionen oder Renten gelten:

1. Ruhegelder und Überlebensrenten aus einem früheren Dienstverhältnis und sonstige Bezüge und Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis, selbst wenn diese nicht laufend oder wenn diese freiwillig gewährt werden;

2. Renten, Pensionen oder sonstige wiederkehrende Bezüge und Nebenleistungen aus einer autonomen Pensionskasse, die ganz oder zum Teil mit Beiträgen der Versicherten gespeist wurde, sowie die Erziehungspauschale und die in Artikel 96a genannten Renten;

…“

Rz. 4

Art. 139ter LIR, der in dieses Gesetz durch Art. 1 Nr. 24 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (Memorial A 2008, S. 2622) eingefügt wurde, lautet:

„(1) Jedem Steuerpflichtigen, der in Luxemburg zu versteuernde Einkünfte aus Pensionen oder Renten im Sinne von Artikel 96 [Absatz 1 Ziffern] 1 und 2 erzielt und im Besitz einer Lohnsteuerkarte ist, wird eine Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger (crédit d’impôt pour pensionnés, CIP) erteilt. Die Steuergutschrift wird für alle dem Steuerpflichtigen gewährten Pensionen und Renten insgesamt nur einmal gewährt.

(2) Die Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger beträgt 300 Euro jährlich. Der Monatsbetrag beläuft sich auf 25 Euro. Die Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger ist auf den Zeitraum begrenzt, in dem der Steuerpflichtige Einkünfte aus Pensionen oder Renten im Sinne und unter den Voraussetzungen [von Absatz 1] erzielt. Sie wird von der Pensionskasse oder einem anderen Pensionsschuldner in dem Steuerjahr, auf das sie sich bezieht, nach den Modalitäten der [in Absatz] 4 genannten Großherzoglichen Verordnung gezahlt. Für Einkünfte unter 300 Euro jährlich oder 25 Euro monatlich wird keine Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger gewährt. Der Ruhegehaltsempfänger hat ausschließlich im Rahmen des von der Pensionskasse oder einem anderen Pensionsschuldner ordnungsgemäß aufgrund einer Lohnsteuerkarte vorgenommenen Steuerabzugs von Löhnen und Gehältern Anspruch auf Anrechnung und Erstattung der Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger.

(3) Die Pensionskasse oder der andere Pensionsschuldner, die bzw. der die Steuergutschrift für Ruhegehaltsempfänger und die Steuergutschrift für Alleinerziehende erteilt hat, ist berechtigt, die Gutschriften mit dem Saldo der einbehaltenen Steuern...

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