Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Innergemeinschaftliches Verbringen, Fehlende Aufzeichnung einer ausländischen USt-IdNr., Formelle Funktion der USt-IdNr.

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2005/92/EG des Rates vom 12. Dezember 2005 geänderten Fassung in seiner Fassung des Art. 28h der Sechsten Richtlinie sowie Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d dieser Richtlinie sind dahin auszulegen, dass sie es der Finanzverwaltung des Herkunftsmitgliedstaats verwehren, eine Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Verbringung mit der Begründung zu versagen, der Steuerpflichtige habe keine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 22 Abs. 8, Art. 28c Teil A Buchst. a; EWGRL 388/77 Art. 28c Teil A Buchst. d

 

Beteiligte

Plöckl

Josef Plöckl

Finanzamt Schrobenhausen

 

Verfahrensgang

FG München (Beschluss vom 04.12.2014; Aktenzeichen 14 K 1511/14; EFG 2015, 516)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerrecht ‐ Mehrwertsteuer ‐ Sechste Richtlinie ‐ Art. 28c Teil A Buchst. a und d ‐ Verbringung von Gegenständen innerhalb der Europäischen Union ‐ Recht auf Befreiung ‐ Nichteinhaltung der Verpflichtung, eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen ‐ Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung ‐ Versagung der Befreiung ‐ Zulässigkeit“

In der Rechtssache C-24/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. Dezember 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Januar 2015, in dem Verfahren

Josef Plöckl

gegen

Finanzamt Schrobenhausen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ des Finanzamts Schrobenhausen, vertreten durch K. Ostermeier, H. Marhofer-Ferlan und D. Scherer,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Nasopoulou und S. Lekkou als Bevollmächtigte,

‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Cunha und R. Campos Laires als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2016

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2005/92/EG des Rates vom 12. Dezember 2005 (ABl. 2005, L 345, S. 19) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) in der Fassung des Art. 28h der Sechsten Richtlinie sowie von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d dieser Richtlinie.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Plöckl und dem Finanzamt Schrobenhausen (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) wegen dessen Weigerung, die im Jahr 2006 vorgenommene Verbringung eines dem Unternehmen von Herrn Plöckl zugeordneten Kraftfahrzeugs von Deutschland nach Spanien von der Mehrwertsteuer zu befreien.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

Rz. 4

Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in ihrem Art. 4 Abs. 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

Rz. 5

Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie definiert als „Lieferung eines Gegenstands“ die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

Rz. 6

Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können unter Beachtung der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen im Inland und zwischen Mitgliedst...

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