Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückkauf von Aktien, Abzugsfähigkeit der Einstandskosten der Aktien, Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich/Schweden, unterschiedliche Behandlung Inländer/Ausländer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Artikel 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ausschließen, wonach bei einer Herabsetzung des Gesellschaftskapitals der an einen gebietsfremden Aktionär gezahlte Betrag aus dem Rückkauf von Aktien als Dividendenausschüttung besteuert wird, ohne dass ein Recht auf Abzug der Einstandskosten dieser Aktien besteht, während der an einen gebietsansässigen Aktionär gezahlte gleiche Betrag als Veräußerungsgewinn besteuert wird, wobei ein Recht auf Abzug der Einstandskosten besteht.

2. Die Artikel 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen wie dem am 27. November 1990 unterzeichneten Abkommen zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Königreichs Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ergibt, das für gebietsfremde Aktionäre eine Obergrenze der Dividendenbesteuerung festlegt, die niedriger ist als die für gebietsansässige Aktionäre geltende, und durch Auslegung dieses Abkommens im Licht der Erläuterungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu ihrem einschlägigen Musterabkommen den Abzug des Nennwerts dieser Aktien vom Betrag aus dem Aktienrückkauf erlaubt, es sei denn, die gebietsfremden Aktionäre werden nach dieser nationalen Regelung nicht weniger günstig behandelt als die gebietsansässigen Aktionäre. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob dies im konkreten Fall des Ausgangsverfahrens zutrifft.

 

Normenkette

EGVtr Art. 56, 58

 

Beteiligte

Bouanich

Margaretha Bouanich

Skatteverket

 

Verfahrensgang

Kammarrätten i Sundsvall (Schweden) (Entscheidung vom 17.06.2004)

 

Tatbestand

“Direkte Besteuerung ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Dividendensteuer ‐ Rückkauf von Aktien ‐ Abzugsfähigkeit der Einstandskosten der Aktien ‐ Unterschiedliche Behandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden ‐ Doppelbesteuerungsabkommen”

In der Rechtssache C-265/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Kammarrätt Sundsvall (Schweden) mit Entscheidung vom 17. Juni 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Juni 2004, in dem Verfahren

Margaretha Bouanich

gegen

Skatteverket

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský, S. von Bahr, A. Borg Barthet und U. Lõhmus (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Frau Bouanich, vertreten durch J. Grönlund, skattejurist,

‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und L. Ström van Lier als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Juli 2005

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 43 EG, 48 EG, 56 EG und 58 EG.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Bouanich, einer französischen Staatsangehörigen und Aktionärin einer schwedischen Aktiengesellschaft, der Förvaltnings AB Ratos (im Folgenden: Ratos), und dem Skatteverk (schwedische Steuerverwaltung) über dessen Weigerung, ihr die gesamten Steuern zu erstatten, die beim Rückkauf ihrer Aktien durch die Gesellschaft im Rahmen einer Herabsetzung des Gesellschaftskapitals erhoben worden waren.

Nationaler rechtlicher Rahmen

Das Gesetz über die Dividendensteuer

3

Das schwedische Recht unterscheidet zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Aktionären bei der Besteuerung der Auszahlungen an den Aktionär beim Rückkauf von Aktien zum Zweck der Einziehung. Im Fall der gebietsansässigen Aktionäre wird der Aktienrückkauf als Veräußerungsgewinn besteuert, und es besteht ein Recht auf Abzug der Einstandskosten der zurückgekauften Aktien. Der Restbetrag wird mit einem Satz von 30 % besteuert. Im Fall der nicht in Schweden ansässigen Aktionäre gilt der Rückkauf jedoch als Dividendenausschüttung, die nicht zu einem solchen Abzug berechtigt.

4

Die Regelung über die Dividendenausschüttung ist im Gesetz über die Dividendensteuer (lag [1970:624] om kupongskatt, im Folgenden: Gesetz von 1970) enthalten, das nur für natürliche oder juristische Personen gilt, die weder in Schweden ansässig sind noch dort ihren ständigen Aufenthalt haben (im Folgenden: gebietsfremde Aktionäre).

5

Nach § 1 des Gesetzes von 1970 ist die Steuer an den Staat für jede Ausschüttung von Dividenden auf Aktien, die von einer schwedischen Gesellschaft begeben worden sind, zu entrichten. Nach § 2 Absatz 2 dieses Gesetzes bedeutet „...

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