Entscheidungsstichwort (Thema)

Ratenkaufgeschäfte, Fahrzeugfinanzierung, Pro-Rata-Satz des Vorsteuerabzugs, Kreditgewährung im Zusammenhang mit Lieferungen, Vorsteuerermittlung, Umsatzschlüssel

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 168 und Art. 173 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass zum einen Gemeinkosten für Ratenkaufgeschäfte mit beweglichen Sachen – wie die im Ausgangsverfahren streitigen Geschäfte – selbst dann, wenn sie nicht in den vom Kunden für die Bereitstellung der betreffenden Ware geschuldeten Betrag – also in den steuerbaren Umsatzanteil – eingerechnet werden, sondern in den für die Finanzierung des Geschäfts geschuldeten Zinsbetrag – also in den steuerbefreiten Umsatzanteil –, trotzdem für Zwecke der Mehrwertsteuer ein Kostenelement dieser Bereitstellung darstellen, und dass zum anderen die Mitgliedstaaten nicht berechtigt sind, eine Aufteilungsmethode anzuwenden, die den Anfangswert der betreffenden Ware bei Bereitstellung außer Acht lässt, weil diese Methode keine präzisere Aufteilung als die auf dem Umsatzschlüssel beruhende Methode gewährleistet.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 168, 173 Abs. 2 Buchst. c

 

Beteiligte

Volkswagen Financial Services (UK)

Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs

Volkswagen Financial Services (UK) Ltd

 

Verfahrensgang

Supreme Court (Vereinigtes Königreich) (Beschluss vom 22.03.2017; ABl. EU 2017, Nr. C 178/10)

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) mit Entscheidung vom 22. März 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. März 2017, in dem Verfahren

Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs

gegen

Volkswagen Financial Services (UK) Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Fünften Kammer E. Regan in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter C. G. Fernlund (Berichterstatter) und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Volkswagen Financial Services (UK) Ltd, vertreten durch N. Shaw, QC, und M. Jones, Barrister, beauftragt von A. Brown, Solicitor,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon als Bevollmächtigten, im Beistand von O. Thomas, QC, und von A. Mannion, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Gossement und R. Lyal als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Mai 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 168 und 173 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Commissioners for Her Majesty's Revenue and Customs (Steuer- und Zollverwaltung, Vereinigtes Königreich, im Folgenden: Steuerverwaltung) und der Volkswagen Financial Services (UK) Ltd (im Folgenden: VWFS) über die anzuwendende Methode, nach der zu ermitteln ist, welcher Teil der Vorsteuer, die VWFS in ihrem Geschäftsbereich, der Ratenkaufgeschäfte mit Fahrzeugen entrichtet hat, erstattungsfähig ist.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.”

Rz. 4

Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten „die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber” von der Steuer.

Rz. 5

Art. 168 der Richtlinie sieht vor:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

  1. die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;
  2. die Mehrwertsteuer, die für Umsätze geschuldet w...

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