Entscheidungsstichwort (Thema)

Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen beim Verfahren der Prüfung von Bescheinigungen EUR.1. Nacherhebung von Zöllen. Für die Zollschuld haftende Person. Auslegung des Beschlusses 86/283/EWG des Rates vom 30. Juni 1986 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 175, S. 1) und der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1)

 

Normenkette

Beschluß 86/283/EWG

 

Beteiligte

Pascoal & Filhos

Pascoal & Filhos Ld.²

Fazenda Pública

 

Tenor

1.

Eine von den Behörden des Ausfuhrstaats nach einer nachträglichen Prüfung einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 an die Behörden des Einfuhrstaats gerichtete Mitteilung, in der die Behörden des Ausfuhrstaats lediglich feststellen, daß die betreffende Bescheinigung zu Unrecht ausgestellt und daher für nichtig zu erklären sei, ohne die Gründe anzugeben, die diese Nichtigerklärung rechtfertigen, ist als ”Ergebnis der Prüfung” im Sinne von Artikel 25 Absatz 3 des Anhangs II des Beschlusses 86/283/EWG des Rates vom 30. Juni 1986 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft anzusehen. Die Behörden des Einfuhrstaats sind berechtigt, nicht erhobene Zölle allein auf der Grundlage einer solchen Mitteilung nachzuerheben, ohne sich darum zu bemühen, den tatsächlichen Ursprung der eingeführten Waren festzustellen.

2.

Die Verantwortlichkeit des Ausführers im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 des Anhangs II des Beschlusses 86/283 erstreckt sich nicht auf Zölle, die für die Einfuhr von Waren in die Gemeinschaft geschuldet werden, die Gegenstand einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 sind, selbst wenn diese Bescheinigung auf der Grundlage einer falschen Angabe des Ausführers über den Ursprung der Waren ausgestellt worden ist und nach einer nachträglichen Prüfung für nichtig erklärt wird.

3.

Es verstößt nicht gegen die allgemeinen Rechtsgrundsätze, deren Beachtung der Gerichtshof gewährleistet, wenn ein gutgläubig handelnder Einführer zur Zahlung der Zölle verpflichtet wird, die für die Einfuhr einer Ware geschuldet werden, in bezug auf die der Ausführer eine zollrechtliche Zuwiderhandlung begangen hat, während der Einführer an dieser Zuwiderhandlung nicht beteiligt war.

4.

Der Umstand, daß die Behörden des Ausfuhrstaats eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 aufgrund des Beschlusses 86/283 ausgestellt haben, ohne zuvor eine Prüfung durchzuführen, um den Warenursprung der betroffenen Waren festzustellen, stellt keinen Fall höherer Gewalt dar, der die ausschließt.

 

Gründe

1.

Das Tribunal Tributário de Segunda Instância hat mit Beschluß vom 29. November 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 27. März 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag sieben Fragen nach der Auslegung des Beschlusses 86/283/EWG des Rates vom 30. Juni 1986 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 175, S. 1) und der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1; im folgenden: Zollkodex) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Gesellschaft portugiesischen Rechts Pascoal & Filhos Ld. (im folgenden: Klägerin) und der Fazenda Pública (Finanzverwaltung) über die Nacherhebung von Zöllen auf Einfuhren von Kabeljau.

Die gemeinschaftsrechtliche Regelung

3.

Nach Artikel 70 Absatz 1 des Beschlusses 86/283 sind Fischereierzeugnisse mit Ursprung in Grönland frei von Zöllen zur Einfuhr in die Europäische Gemeinschaft zugelassen.

4.

Nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs II dieses Beschlusses (im folgenden: Anhang II) wird der Nachweis der Ursprungseigenschaft der Erzeugnisse durch die Vorlage einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 (im folgenden: Bescheinigung EUR.1) bei den Zollbehörden des Einfuhrmitgliedstaats erbracht.

5.

Gemäß Artikel 10 Absatz 1 des Anhangs II ist es Sache des Ausführers, unter eigener Verantwortlichkeit die Ausstellung der Bescheinigung EUR.1 bei den Zollbehörden des Ausfuhrlandes zu beantragen. Nach Artikel 10 Absatz 2 fügt er dem Antrag alle zweckdienlichen Unterlagen zum Nachweis dafür bei, daß diese Bescheinigung für die Ausfuhrwaren ausgestellt werden kann.

6.

Gemäß Artikel 8 Absatz 1 des Anhangs II stellen die Zollbehörden des Ausfuhrlandes die Bescheinigungen EUR.1 aus, wenn die Waren, auf die sich diese Bescheinigung bezieht, als Erzeugnisse mit Ursprung in dem betreffenden Überseeland angesehen werden können. Um zu prüfen, ob dies der Fall ist, können diese Behörden nach Artikel 8 Absatz 2 alle Beweismittel verlangen oder alle Kontrollmaßnahmen durchführen, die ihnen zweckdienlich erscheinen.

7.

Nach Artikel 25 Absatz 1 des Anhangs II fordern die Zollbehörden des Ausfuhrlandes, wenn sie begründete Zweifel an der Echtheit einer Bescheinigung EUR.1 oder an der Richtigkeit der Angaben über den tatsäch...

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