Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigter Steuersatz, Arzneimittel, Medizinische Geräte und Hilfsmittel für Behinderte, Gegenstände, die nicht überlicherweise ausschließlich für den Gebrauch durch Behinderte bestimmt sind

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes

‐ auf medizinische Stoffe, die üblicherweise für die Herstellung von Medikamenten verwendet werden können und dafür geeignet sind,

‐ auf Gesundheitsprodukte, Stoffe, Geräte oder Vorrichtungen, die objektiv nur zur Vorbeugung, Diagnose, Behandlung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Leiden von Menschen oder Tieren verwendet werden können, jedoch nicht üblicherweise für die Linderung oder die Behandlung von Behinderungen verwendet werden und ausschließlich für den persönlichen Gebrauch von Behinderten bestimmt sind,

‐ auf Vorrichtungen und Zubehörteile, die im Wesentlichen oder hauptsächlich dazu dienen können, körperliche Behinderungen von Tieren auszugleichen,

‐ und schließlich auf Vorrichtungen und Zubehörteile, die im Wesentlichen oder hauptsächlich dazu verwendet werden, Behinderungen des Menschen auszugleichen, jedoch nicht ausschließlich dem persönlichen Gebrauch von Behinderten dienen,

hat das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus Art. 98 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Verbindung mit ihrem Anhang III verstoßen.

2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 98; EGRL 112/2006 Anhang III

 

Beteiligte

EU-Kommission

Königreich Spanien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes ‐ Art. 96 und 98 Abs. 2 ‐ Anhang III Nrn. 3 und 4 ‐ ‚Arzneimittel, die üblicherweise für die Gesundheitsvorsorge, die Verhütung von Krankheiten und für ärztliche und tierärztliche Behandlungen verwendet werden‘ ‐ ‚Medizinische Geräte, Hilfsmittel und sonstige Vorrichtungen, die üblicherweise für die Linderung und die Behandlung von Behinderungen verwendet werden und die ausschließlich für den persönlichen Gebrauch von Behinderten bestimmt sind‘“

In der Rechtssache C-360/11

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 8. Juli 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, vertreten durch S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter) sowie der Richter E. Jarašiūnas und A. Ó Caoimh,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Oktober 2012

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Spanien durch die Anwendung eines verminderten Mehrwertsteuersatzes

‐ auf medizinische Stoffe, die üblicherweise für die Herstellung von Medikamenten verwendet werden können und dafür geeignet sind,

‐ auf Gesundheitsprodukte, Stoffe, Geräte oder Vorrichtungen, die objektiv nur zur Vorbeugung, Diagnose, Behandlung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Leiden von Menschen oder Tieren verwendet werden können, jedoch nicht üblicherweise für die Linderung und die Behandlung von Behinderungen verwendet werden und ausschließlich für den persönlichen Gebrauch von Behinderten bestimmt sind,

‐ auf Vorrichtungen und Zubehörteile, die im Wesentlichen oder hauptsächlich dazu dienen können, körperliche Behinderungen von Tieren auszugleichen,

‐ und schließlich auf Vorrichtungen und Zubehörteile, die im Wesentlichen oder hauptsächlich dazu verwendet werden, Behinderungen des Menschen auszugleichen, jedoch nicht ausschließlich dem persönlichen Gebrauch von Behinderten dienen,

gegen seine Verpflichtungen aus Art. 98 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) in Verbindung mit Anhang III dieser Richtlinie verstoßen hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Art. 96 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten wenden einen Mehrwertsteuer-Normalsatz an, den jeder Mitgliedstaat als Prozentsatz der Bemessungsgrundlage festsetzt und der für die Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen gleich ist.“

Rz. 3

Art. 97 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bestimmt, dass „[v]om 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2010 … der Normalsatz mindestens 15 % betragen“ muss.

Rz. 4

In Art. 98 dieser Richtlinie heißt es:

„(1) Die Mitgliedstaaten können einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden.

(2) Die ermäßigten Steuersätze sind nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar.

(3) Zur Anwendung der ermäßigten Steuersätze im Sinne des Absatzes 1 auf Kategorien von Gegenständen können die Mitgliedstaaten die betreffenden Kategorien anhand der Kombinierten Nomen...

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