Entscheidungsstichwort (Thema)

Innergemeinschaftliche Lieferung, Reihengeschäft, Ermittlung der warenbewegten Lieferung, Nachweis der Steuerbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden in Bezug auf eine Ware zwischen verschiedenen als solchen handelnden Steuerpflichtigen aufeinanderfolgend zwei Lieferungen, aber nur eine einzige innergemeinschaftliche Beförderung durchgeführt ‐ so dass dieser Umsatz unter den Begriff der innergemeinschaftlichen Beförderung im Sinne von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 96/95/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 geänderten Fassung in Verbindung mit den Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b, 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 1 und 28b Teil A Abs. 1 dieser Richtlinie fällt ‐, so hat die Bestimmung, welchem Umsatz diese Beförderung zuzurechnen ist, ob also der ersten oder der zweiten Lieferung, in Ansehung einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, um festzustellen, welche der beiden Lieferungen alle Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt.

Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wenn also der Ersterwerber, der das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der ersten Lieferung erlangt hat, seine Absicht bekundet, diesen Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern, und mit seiner von dem letztgenannten Staat zugewiesenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auftritt, müsste die innergemeinschaftliche Beförderung der ersten Lieferung zugerechnet werden, sofern das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung auf den Zweiterwerber übertragen wurde. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Bedingung in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit erfüllt ist.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 28c Teil A

 

Beteiligte

Euro Tyre Holding

Euro Tyre Holding BV

Staatssecretaris van Financiën

 

Verfahrensgang

Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 09.10.2009; Abl.EU 2010, Nr. C 24/23)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b, 28a Abs. 1 Buchst. a, 28b Teil A Abs. 1 und 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 ‐ Befreiung der Lieferung von Gegenständen, die innerhalb der Union versandt oder befördert werden ‐ Aufeinanderfolgende Lieferungen derselben Gegenstände, die zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung führen“

In der Rechtssache C-430/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 9. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 2. November 2009, in dem Verfahren

Euro Tyre Holding BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Euro Tyre Holding BV, vertreten durch T. C. van Zwieten, belastingadviseur,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis, M. Germani und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 96/95/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 (ABl. L 338, S. 89) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) in Verbindung mit den Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b, 28a Abs. 1 Buchst. a sowie 28b Teil A Abs. 1 dieser Richtlinie.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Euro Tyre Holding BV (im Folgenden: ETH) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, im Folgenden: Staatssecretaris) wegen Bescheiden zur Nacherhebung von Umsatzsteuer bei dieser Gesellschaft wegen eines Geschäfts mit Waren, die Gegenstand zweier aufeinanderfolgender Lieferungen waren.

Rechtlicher Rahmen

Die Sechste Richtlinie

Rz. 3

Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„Als Ort der Lieferung gilt

a) für den Fall, dass der Gegenst...

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