Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechnung, Rechnungsberichtigung, Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung, Vorsteuerabzug, Anforderungen an eine Rechnung, Voranmeldungszeitraum der Wirkung einer Rechnungsberichtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 167, Art. 178 Buchst. a, Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe, nämlich die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, keine Rückwirkung zukommt, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die berichtigte Rechnung nicht für das Jahr ausgeübt werden kann, in dem diese Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, sondern für das Jahr, in dem sie berichtigt wurde.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 167, 178 Buchst. a, Art. 179, 226 Abs. 1 Nr. 3

 

Beteiligte

Senatex

Senatex GmbH

Finanzamt Hannover-Nord

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Beschluss vom 03.07.2014; Aktenzeichen 5 K 40/14; EFG 2015, 80)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 167, Art. 178 Buchst. a, Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 ‐ Vorsteuerabzug ‐ Ausstellung von Rechnungen ohne Steuernummer und ohne Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer ‐ Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die rückwirkende Berichtigung einer Rechnung ausgeschlossen ist“

In der Rechtssache C-518/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Niedersächsischen Finanzgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 18. November 2014, in dem Verfahren

Senatex GmbH

gegen

Finanzamt Hannover-Nord

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Lycourgos, E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter) sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Senatex GmbH, vertreten durch D. Hippke und Rechtsanwalt A. Hüttl als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Februar 2016

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Senatex GmbH und dem Finanzamt Hannover-Nord (im Folgenden: Finanzamt) über dessen Weigerung, die von Senatex geltend gemachte Vorsteuer für die Jahre anzuerkennen, in denen die Originale der von ihr eingereichten Rechnungen nicht den Anforderungen der nationalen Steuervorschriften entsprachen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 63 der Richtlinie 2006/112 lautet:

„Steuertatbestand und Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird.“

Rz. 4

Art. 167 der Richtlinie bestimmt:

„Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.“

Rz. 5

In Art. 168 der Richtlinie heißt es:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

…“

Rz. 6

Art. 178 der Richtlinie sieht vor:

„Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige folgende Bedingungen erfüllen:

a) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und [das] Erbringen von Dienstleistungen muss er eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 sowie 238, 239 und 240 ausgestellte Rechnung besitzen;

…“

Rz. 7

Art. 179 der Richtlinie 2006/112 lautet:

„Der Vorsteuerabzug wird vom Steuerpflichtigen global vorgenommen, indem er von dem Steuerbetrag, den er für einen Steuerzeitraum schuldet, den Betrag der Mehrwertsteuer absetzt, für die während des gleichen Steuerzeitraums das Abzugsrecht entstanden ist und gemäß Artikel 178 ausgeübt wird.

Die Mitgliedstaaten können jedoch den Steuerpflichtigen, die nur die in Artikel 12 genannten gelegentlichen Umsätze bewirken, vorschreiben, dass sie das Recht auf Vorsteuerabzug erst zum Zeitpunkt der Lieferung ausüben.“

Rz. 8

Art. 219 der Richtlinie bestimmt:

„Einer Rechnung gleichgestellt ist jedes Dokumen...

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