Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorübergehende Verwahrung; widerrechtliches Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung

 

Leitsatz (amtlich)

Artikel 203 Absatz 3 vierter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass die Wendung „Person, welche die Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer abgabenpflichtigen Ware … ergeben“, die Person bezeichnet, die die Ware nach dem Abladen in Besitz hat, um sie zu befördern oder zu lagern.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 203 Abs. 3

 

Beteiligte

United Antwerp Maritime Agencies und Seaport Termi

Seaport Terminals NV und United Antwerp Maritime Agencies NV

United Antwerp Maritime Agencies NV

Belgischer Staat

 

Verfahrensgang

Hof van Beroep te Antwerpen (Belgien) (Entscheidung vom 11.03.2004)

 

Tatbestand

„Zollunion ‐ Entstehung einer Einfuhrzollschuld ‐ Ware in vorübergehender Verwahrung ‐ Entziehung der Ware aus der zollrechtlichen Überwachung ‐ Schuldner“

In der Rechtssache C-140/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hof van Beroep Antwerpen (Belgien) mit Entscheidung vom 11. März 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 16. März 2004, in dem Verfahren

United Antwerp Maritime Agencies NV

gegen

Belgischer Staat

und

Seaport Terminals NV

gegen

Belgischer Staat,

United Antwerp Maritime Agencies NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer),

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter K. Lenaerts, J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), E. Juhász und M.Ilešič

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M. M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der United Antwerp Maritime Agencies NV, vertreten durch E. Gevers, advocaat,

‐ der Seaport Terminals NV, vertreten durch P. Hoogmartens und G. Huyghe, advocaten,

‐ der belgischen Regierung, vertreten durch D. Haven als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis als Bevollmächtigten im Beistand von F. Tuytschaever, advocaat,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. April 2005

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 203 Absatz 3 vierter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Belgischen Staat einerseits sowie der Reederei United Antwerp Maritime Agencies NV (im Folgenden: Unamar) und dem Umschlagunternehmen Seaport Terminals NV, nunmehr Katoen Natie Terminals NV (im Folgenden: Seaport Terminals), andererseits über die Begleichung einer Zollschuld, die durch die Entziehung einfuhrabgabenpflichtiger Waren aus der zollamtlichen Überwachung entstanden sein soll.

Das Gemeinschaftsrecht

Der Zollkodex

3

Artikel 37 des Zollkodex bestimmt:

„(1) Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden.

(2) Sie bleiben so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist …“

4

Artikel 38 des Zollkodex sieht vor:

„(1) Die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren sind vom Verbringer unverzüglich und gegebenenfalls unter Benutzung des von den Zollbehörden bezeichneten Verkehrsweges nach Maßgabe der von diesen Behörden festgelegten Einzelheiten zu befördern:

a) zu der von den Zollbehörden bezeichneten Zollstelle oder einem anderen von diesen Behörden bezeichneten oder zugelassenen Ort

(2) Übernimmt eine andere Person nach dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft die Beförderung dieser Waren, insbesondere infolge einer Umladung, so geht die Verpflichtung nach Absatz 1 auf diese andere Person über.

…“

5

Artikel 40 des Zollkodex lautet:

„Waren, die nach Maßgabe des Artikels 38 Absatz 1 Buchstabe a) bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eintreffen, sind von der Person zu gestellen, welche die Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat oder die gegebenenfalls die Beförderung der Waren nach dem Verbringen übernimmt.“

6

Artikel 43 des Zollkodex bestimmt:

„Vorbehaltlich des Artikels 45 ist für die nach Artikel 40 gestellten Waren eine summarische Anmeldung abzugeben.

Die summarische Anmeldung ist abzugeben, sobald die Waren gestellt worden sind. Die Zollbehörden können jedoch für die Abgabe dieser Anmeldung eine Frist einräumen, die spätestens am ersten Arbeitstag nach dem Tag der Gestellung der Waren endet.“

7

In Artikel 44 Absatz 2 des Zollkodex heißt es:

„Die summarische Anmeldung ist abzugeben von

a) der Person, welche die Waren in das Zollgebiet d...

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