Entscheidungsstichwort (Thema)

Ad-Valorem-Steuer, Tabak, Zigarren, Kleinverkaufshöchstpreis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/80/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten ist dahin auszulegen, daß er der Erhebung einer Steuer auf Zigarren oder Zigarillos entgegensteht, die nach dem Wert berechnet wird, dabei aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf.

2.Einem Steuerpflichtigen, der einer Steuer auf Zigarren oder Zigarillos unterliegt, die nach dem Wert berechnet wird, ohne daß dabei ein Mindestbetrag unterschritten werden darf, erwächst aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/80 kein Recht, sich darauf vor einem nationalen Gericht zu berufen, um zu erreichen, daß auf ihn allein das Element des Besteuerungsmodells nicht angewandt wird, das die Erhebung der spezifischen Mindeststeuer betrifft, und daß er daher nur mit einer Ad-Valorem-Steuer veranlagt wird.

Das nationale Gericht muß jedoch bei der Anwendung vor oder nach einer Richtlinie erlassener nationaler Rechtsvorschriften diese soweit wie möglich gemäß dem Wortlaut und dem Zweck der Richtlinie auslegen.

 

Normenkette

EWGRL 80/92 Art. 3 Abs. 1

 

Beteiligte

Brinkmann Tabakfabriken

Brinkmann Tabakfabriken GmbH

Hauptzollamt Bielefeld

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Richtlinie 92/80/EWG - Nationale Steuer, die entweder aus einer spezifischen Steuer auf die Erzeugnisse, die einen bestimmten Preis nicht überschreiten, oder aus einer Ad-Valorem-Steuer auf die Erzeugnisse, die diesen Preis überschreiten, besteht

In der Rechtssache C-365/98

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Finanzgericht Düsseldorf in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Brinkmann Tabakfabriken GmbH

gegen

Hauptzollamt Bielefeld

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 92/80/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten (ABl. L 316, S. 10)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida sowie der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet, V. Skouris (Berichterstatter) und der Richterin F. Macken,

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

-der Brinkmann Tabakfabriken GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Böhlke, Frankfurt am Main,

-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater E. Traversa und durch A. Buschmann, zum Juristischen Dienst abgeordneter nationaler Beamter, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Brinkmann Tabakfabriken GmbH und der Kommission in der Sitzung vom 11. November 1999,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Dezember 1999,

folgendes

Urteil

1. Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Beschluß vom 5. Oktober 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Oktober 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung der Richtlinie 92/80/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwarenals Zigaretten (ABl. L 316, S. 10; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Brinkmann Tabakfabriken GmbH (im folgenden: Brinkmann) und dem Hauptzollamt Bielefeld (im folgenden: Hauptzollamt) wegen dessen Weigerung, die nach § 4 Absatz 1 Nr. 2 des Tabaksteuergesetzes (BGBl. 1992 I S. 2150; im folgenden: TabStG) in der vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Mai 1998 geltenden Fassung berechnete Tabaksteuer unter Berücksichtigung von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie ohne Ansatz der darin vorgesehenen Mindeststeuer festzusetzen.

Rechtlicher Rahmen

Die Gemeinschaftsregelung

3. Durch die auf der Grundlage des Artikels 99 EG-Vertrag (jetzt Artikel 93 EG) erlassene Richtlinie werden allgemeine Mindestverbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten festgesetzt.

4. Die fünfte Begründungserwägung der Richtlinie lautet:

Die Festlegung einer als Prozentsatz oder in Form eines bestimmten Betrags je kg oder je Stückzahl ausgedrückten globalen Mindestverbrauchsteuer ist am ehesten geeignet, den Binnenmarkt zu verwirklichen.

5. Artikel 1 der Richtlinie bestimmt:

Die nachstehenden Gruppen von in der Gemeinschaft hergestellten oder aus Drittländern eingeführten Tabakwaren unterliegen in jedem Mitgliedstaat einer in Artikel 3 festgesetzten Mindestverbrauchsteuer:

a) Zigarren und Zigarillos;

b) Feinschnittabak für selbstgedrehte Zigaretten;

c) anderer Rauchtabak.

6. In Artikel 3 der Richtlinie heißt es:

(1) Ab dem 1. Januar 1993 wenden die Mitgliedstaaten eine Verbrauchsteuer an, bei der es sich handeln kann

-entweder um eine Ad-Valorem-Verbrauchsteuer, die nach den Kleinverkaufshöchstpreisen des jeweiligen Erzeugnisses berechnet wird, die von den in der Gemeinschaft niedergelassenen Herstellern und von den ausDrit...

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