Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung der Bemessungsgrundlage. Uneinbringlichkeit des Entgelts. Insolvenz des Entgeltschuldners. Ende der Unternehmereigenschaft des Entgeltschuldners

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 90

 

Beteiligte

A-PACK CZ

A-PACK CZ s. r. o

Odvolací finanční ředitelství

 

Verfahrensgang

Nejvyssí správní soud (Tschechien) (Beschluss vom 18.01.2018; ABl. EU 2018, Nr. C 152/19)

 

Tenor

Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er einer innerstaatlichen rechtlichen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach der Steuerzahler bei vollständiger oder teilweiser Nichtbezahlung eines aus einem mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz geschuldeten Betrags durch seinen Schuldner keine Berichtigung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage durchführen kann, wenn der Schuldner nicht mehr mehrwertsteuerpflichtig ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 18. Januar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Februar 2018, in dem Verfahren

A-PACK CZ s. r. o.

gegen

Odvolací finanční ředitelství

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der A-PACK CZ s. r. o., vertreten durch R. Cholenský und F. Hejl, advokáti,
  • des Odvolací finanční ředitelství, vertreten durch T. Rozehnal als Bevollmächtigten,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und O. Serdula als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und A. Kramarczyk-Szaładzińska als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Salyková, J. Jokubauskaitė und R. Lyal als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der Verhältnismäßigkeit sowie von Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).

Rz. 2

Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der A-PACK CZ s. r. o. und dem Odvolací finanční ředitelství (Einspruchsfinanzdirektion, Tschechische Republik) über dessen Weigerung, es A-PACK CZ zu gestatten, eine Berichtigung der für unbezahlte und wegen Insolvenz des Schuldners als uneinbringlich erachtete Forderungen entrichteten Mehrwertsteuer vorzunehmen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 73 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.”

Rz. 4

Art. 90 der Richtlinie 2006/112 lautet:

„(1) Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

(2) Die Mitgliedstaaten können im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung von Absatz 1 abweichen.”

Rz. 5

Art. 273 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen.

Die Möglichkeit nach Absatz 1 darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Kapitel 3 genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen.”

Tschechisches Recht

Rz. 6

Das Recht auf Berichtigung der Steuerhöhe bei Forderungen gegen Schuldner im Insolvenzverfahren wurde in den Zákon č. 235/2004 Sb., o dani z přidané hodnoty (Gesetz Nr. 235/2004 über die Mehrwertsteuer, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) durch das Gesetz Nr. 47/2011 eingefügt, dessen Begründung lautet:

„Aufgrund der negativen Entwicklung der wirtschaftlichen Situation gilt es, eine neue Möglichkeit der...

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