Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Investmentfonds, Immobilien-Investmentgesellschaft, Vermietungseinkünfte, Immobilienveräußerung, Investmentfonds in Vertragsform, Investmentfonds in Satzungsform

 

Normenkette

AEUV Art. 63, 65

 

Beteiligte

Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö

A SCPI

Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö

 

Verfahrensgang

Helsingin hallinto-oikeus (Finnland) (Beschluss vom 09.07.2020; ABl. EU 2020, Nr. C 339/6)

 

Tenor

Die Art. 63 und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die dadurch, dass sie die Steuerbefreiung für die Vermietungseinkünfte und die Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien oder von Anteilen an Gesellschaften, die Eigentümerinnen von Immobilien sind, ausschließlich den Investmentfonds in Vertragsform vorbehalten, einen gebietsfremden alternativen Investmentfonds in Satzungsform von dieser Befreiung ausschließen, obwohl Letzterer in dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, steuerlich transparent ist und in letzterem Mitgliedstaat nicht der Einkommensteuer unterliegt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki, Finnland) mit Entscheidung vom 9. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Juli 2020, in dem Verfahren

A SCPI

Beteiligte:

Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer A. Arabadjiev in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin I. Ziemele (Berichterstatterin) sowie der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der finnischen Regierung, zunächst vertreten durch H. Leppo, A. Laine und S. Hartikainen, sodann vertreten durch H. Leppo und A. Laine als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch W. Roels und I. Koskinen als Bevollmächtigte, sodann vertreten durch W. Roels als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Oktober 2021,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49, 63 und 65 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines von A SCPI, einer Gesellschaft französischen Rechts, angestrengten Verfahrens wegen des Vorbescheids der Verohallinto (Steuerverwaltung, Finnland) vom 13. Juni 2019 über die Besteuerung von durch A in den Steuerjahren 2019 und 2020 in Finnland erzielten Vermietungseinkünften und Gewinnen aus der Veräußerung von in Finnland belegenen Immobilien und von Anteilen an Gesellschaften, die Eigentümerinnen von in Finnland belegenen Immobilien sind (im Folgenden: Bescheid vom 13. Juni 2019).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, 302, S. 32) sieht vor:

„(1) Diese Richtlinie gilt für die im Gebiet der Mitgliedstaaten niedergelassenen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW).

(2) Für die Zwecke dieser Richtlinie und vorbehaltlich des Artikels 3 bezeichnet der Ausdruck ‚OGAW’ Organismen,

  1. deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren und/oder anderen in Artikel 50 Absatz 1 genannten liquiden Finanzanlagen zu investieren, und
  2. deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen ein OGAW sicherstellen will, dass der Kurs seiner Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht.

Die Mitgliedstaaten können eine Zusammensetzung der OGAW aus verschiedenen Teilfonds genehmigen.

(3) Die Organismen im Sinne von Absatz 2 können die Vertragsform (von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds), die Form des Trust (‚unit trust’) oder die Satzungsform (Investmentgesellschaft) haben.

…”

Rz. 4

Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. 2011, L 174, S. 1) bestimmt:

„(1) Vorbehaltlich des Absatzes 3 dieses Artikels und vorbehaltlich des Artikels 3 gilt diese Richtlinie für

  1. EU-AIFM, die einen oder mehrere [alternative Investmentfonds (AIF)] verwalten, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich bei solchen AIF um EU-AIF oder Nicht-EU-AIF handelt,
  2. Nicht-EU-AIFM, die einen oder mehrere EU-AIF verwalten, und
  3. Nicht-EU-AIFM, die einen oder mehrere AI...

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