Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigter Steuersatz, E-Books, Digitale Bücher, Ungleichbehandlung von Print- und E-Büchern, Gültigkeit von Anhang III Nr. 6 MwStSystRL

 

Leitsatz (amtlich)

Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Anhang III Nr. 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2009/47/EG des Rates vom 5. Mai 2009 geänderten Fassung oder von Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit ihrem Anhang III Nr. 6 berühren könnte.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 98 Abs. 2; EGRL 112/2006 Anhang III Nr. 6

 

Beteiligte

RPO

Rzecznik Praw Obywatelskich (RPO)

Polnischer Staat

 

Verfahrensgang

Trybunal Konstytucyjny (Polen) (Beschluss vom 07.07.2015; ABl. EU 2015, Nr. C 346/6)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Anhang III Nr. 6 ‐ Gültigkeit ‐ Verfahren ‐ Änderung eines Richtlinienvorschlags des Rates nach der Stellungnahme des Parlaments ‐ Keine erneute Anhörung des Parlaments ‐ Art. 98 Abs. 2 ‐ Gültigkeit ‐ Keine Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung digitaler Bücher auf elektronischem Weg ‐ Grundsatz der Gleichbehandlung ‐ Vergleichbarkeit von zwei Sachverhalten ‐ Lieferung digitaler Bücher auf elektronischem Weg und auf jeglichen physischen Trägern“

In der Rechtssache C-390/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Trybunał Konstytucyjny (Verfassungsgericht, Polen) mit Entscheidung vom 7. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Juli 2015, in dem Verfahren eingeleitet von

Rzecznik Praw Obywatelskich (RPO)

Beteiligte:

Marszałek Sejmu Rzeczypospolitej Polskiej,

Prokurator Generalny,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan, E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund, C. Vajda und S. Rodin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ des Rzecznik Praw Obywatelskich (RPO), vertreten durch A. Bodnar, Rzecznik Praw Obywatelskich, sowie durch M. Wróblewski und A. Grzelak als Bevollmächtigte,

‐ des Prokurator Generalny, vertreten durch R. Hernand als Bevollmächtigten,

‐ der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, A. Miłkowska und K. Maćkowska als Bevollmächtigte,

‐ der hellenischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis und S. Papaïoannou als Bevollmächtigte,

‐ des Rates der Europäischen Union, vertreten durch E. Moro, E. Chatziioakeimidou und K. Pleśniak als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. September 2016

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit von Art. 98 Abs. 2 und von Anhang III Nr. 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2009/47/EG des Rates vom 5. Mai 2009 (ABl. 2009, L 116, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Richtlinie 2006/112).

Rz. 2

Es ergeht im Anschluss an einen vom Rzecznik Praw Obywatelskich (polnischer Bürgerbeauftragter) gestellten Antrag auf Feststellung, dass nationale Rechtsvorschriften, die die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung digitaler Bücher und anderer digitaler Veröffentlichungen auf elektronischem Weg ausschließen, nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sind.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Sechste Richtlinie

Rz. 3

Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2001/4/EG des Rates vom 19. Januar 2001 (ABl. 2001, L 22, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) sah vor:

„Der Normalsatz der Mehrwertsteuer wird von jedem Mitgliedstaat als ein Prozentsatz der Besteuerungsgrundlage festgesetzt, der für Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen gleich ist. Vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2005 darf dieser Satz nicht niedriger als 15 % sein.

Die Mitgliedstaaten können außerdem einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze werden als ein Prozentsatz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein darf, und sind nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H genannten Kategorien anwendbar.“

Rz. 4

In Art. 1 d...

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