Entscheidungsstichwort (Thema)

Ort der Dienstleistung, Testamentsvollstrecker

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Bundesrepublik Deutschland hat nicht dadurch gegen die Bestimmungen aus der Sechsten Richtlinie verstoßen, dass sie Rechtsvorschriften beibehalten hat, wonach der Ort der von einem Testamentsvollstrecker ausgeführten Dienstleistungen nach dem Ort zu bestimmen ist, an dem der Dienstleistende seine Tätigkeit ausübt.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 1, 2 Buchst. e

 

Beteiligte

Kommission / Deutschland

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Bundesrepublik Deutschland

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Steuerrecht ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Dienstleistungen ‐ Testamentsvollstrecker ‐ Ort der Leistungserbringung ‐ Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. e“

In der Rechtssache C-401/06

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 26. September 2006,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues und J. Klŭcka, der Richterin P. Lindh sowie des Richters A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. September 2007

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) verstoßen hat, dass sich nach deutschem Recht der Ort der Dienstleistungen eines Testamentsvollstreckers nicht nach dieser Vorschrift bestimmt, wenn die Dienstleistungen an außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ansässige Empfänger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Staates des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2

Nach Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen Dienstleistungen, „die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer.

3

Nach Art. 9 Abs. 1 gilt „[a]ls Ort einer Dienstleistung … der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird“.

4

Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie gilt jedoch

„als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Empfänger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort:

‐ Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen“.

Nationales Recht

5

§ 3a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vom 26. November 1979 (BGBl. I S. 1953) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386) bestimmt:

„(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der §§ 3b und 3f an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. …

(3) Ist der Empfänger einer der in Absatz 4 bezeichneten sonstigen Leistungen ein Unternehmer, so wird die sonstige Leistung abweichend von Absatz 1 dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. …

(4) Sonstige Leistungen im Sinne des Absatzes 3 sind … die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, … Steuerberater, … insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung“.

6

Der Bundesfinanzhof hat dazu in einem Urteil vom 5. Juni 2003 (V R 25/02, BStBl. II, 2003, 734) festgestellt, dass § 3a Abs. 1 UStG auf die Leistungen des Testamentsvollstreckers anwendbar sei, während die Leistungen, die für den Anwalts- und den Steuerberaterberuf spezifisch seien, unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG fielen.

7

Das Fünfte Buch, Dritter Abschnitt, Sechster Titel des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist dem Testamentsvollstrecker gewidmet.

8

Nach § 2221 BGB kann der Testamentsvollstrecker für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.

Vorverfahren

9

In ihrem am 19. April 2005 notifizierten...

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