Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Gewinne aus Lotterien, Glücksspielen und Wetten, Begrenzung der Steuerbefreiung auf Gewinnzuflüsse von gemeinnützigen Veranstaltern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 EG und Art. 36 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen, dass es eine steuerliche Regelung beibehalten hat, nach der die Gewinne aus der Teilnahme an Lotterien, Spielen und Wetten, die im Königreich Spanien von einigen öffentlichen Einrichtungen und in Spanien ansässigen gemeinnützigen Einrichtungen, die sozial oder karitativ tätig sind, veranstaltet werden, steuerbefreit sind, ohne dass Gewinnen aus Lotterien, Spielen und Wetten, die von Einrichtungen veranstaltet werden, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ansässig sind und die gleichartige Tätigkeiten ausüben, ebenfalls eine solche Befreiung gewährt würde.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und das Königreich Spanien tragen ihre eigenen Kosten.

 

Normenkette

EGVtr Art. 49; EWR-Abkommen Art. 36

 

Beteiligte

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Königreich Spanien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Freier Dienstleistungsverkehr ‐ Art. 49 EG und Art. 36 des EWR-Abkommens ‐ Direkte Besteuerung ‐ Einkommensteuer ‐ Steuerbefreiung von Gewinnen aus Lotterien, Glücksspielen und Wetten, die von bestimmten nationalen Einrichtungen veranstaltet werden“

In der Rechtssache C-153/08

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 15. April 2008,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. Ilešič, A. Tizzano, E. Levits und J.-J. Kasel (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juli 2009

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus Art. 49 EG und Art. 36 des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass es eine steuerliche Regelung beibehalten hat, wonach Gewinne aus allen außerhalb des Königreichs Spanien veranstalteten Lotterien, Glücksspielen und Wetten besteuert werden, während Gewinne aus bestimmten im Königreich Spanien veranstalteten Lotterien, Glücksspielen und Wetten von der Einkommensteuer befreit sind.

Rechtlicher Rahmen

EG-Vertrag und EWR-Abkommen

Rz. 2

Art. 49 Abs. 1 EG lautet:

„Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.“

Rz. 3

Art. 36 Abs. 1 des EWR-Abkommens bestimmt:

„Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der freie Dienstleistungsverkehr im Gebiet der Vertragsparteien für Angehörige der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten [Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation], die in einem anderen EG-Mitgliedstaat beziehungsweise einem anderen EFTA-Staat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, keinen Beschränkungen.“

Nationales Recht

Rz. 4

Art. 7 des Gesetzes 35/2006 vom 28. November 2006 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen und zur teilweisen Änderung der Gesetze über die Besteuerung der Gesellschaften, der Einkünfte der Gebietsfremden und des Vermögens (BOE Nr. 285 vom 29. November 2006, S. 41734, im Folgenden: Einkommensteuergesetz), der die Befreiung bestimmter Einkünfte von der Einkommensteuer vorsieht, bestimmt:

„Folgende Einkünfte sind steuerfrei:

ñ) Gewinne aus Lotterien und Wetten, die von dem öffentlichen Unternehmen Loterías y Apuestas del Estado [staatliche nationale Einrichtung für Lotterien und Wetten] und von Organen oder Einrichtungen der autonomen Gemeinschaften veranstaltet werden, sowie aus vom spanischen Roten Kreuz veranstalteten Tombolas oder aus den Arten von Gewinnspielen, die der Organización Nacional de Ciegos Españoles [nationale Organisation der spanischen Blinden] erlaubt sind.

…“

Rz. 5

Nach weiteren Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, insbesondere Art. 33.1, Art. 45 und Art. 63 Abs. 1, sind Gewinne aus Lotterien, Glücksspielen und Wetten, die von anderen inländischen oder ausländischen Einrichtungen, einschließlich solcher, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen...

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