Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesgerichtshof – Deutschland und High Court of Justice, Queen's Bench Division, Divisional Court – Vereinigtes Königreich. Grundsatz der Haftung eines Migliedstaats für Schäden, die dem einzelnen durch diesem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen – Dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnende Verstöße – Voraussetzungen für die Haftung des Staates – Umfang des Schadensersatzes. 1. Gemeinschaftsrecht ° Dem einzelnen verliehene Rechte ° Verletzung durch einen Mitgliedstaat ° Pflicht zum Ersatz des dem einzelnen entstandenen Schadens ° Unmittelbare Anwendbarkeit der verletzten Vorschrift ° Unbeachtlich. 2. Gemeinschaftsrecht ° Verletzung durch die Mitgliedstaaten ° Folgen ° Fehlen ausdrücklicher und genauer Vorschriften im Vertrag ° Bestimmung durch den Gerichtshof ° Modalitäten (EWG-Vertrag, Artikel 164). 3. Gemeinschaftsrecht ° Dem einzelnen verliehene Rechte ° Verletzung durch einen Mitgliedstaat ° Pflicht zum Ersatz des dem einzelnen entstandenen Schadens ° Dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnender Verstoß ° Unbeachtlich. 4. Gemeinschaftsrecht ° Dem einzelnen verliehene Rechte ° Verletzung durch einen Mitgliedstaat ° Verstoß, der dem im Hinblick auf normative Entscheidungen über einen weiten Ermessensspielraum verfügenden nationalen Gesetzgeber zuzurechnen ist ° Pflicht zum Ersatz des dem einzelnen entstandenen Schadens ° Voraussetzungen ° Entschädigungsmodalitäten ° Anwendung des nationalen Rechts ° Grenzen (EWG-Vertrag, Artikel 5 und 215 Absatz 2). 5. Gemeinschaftsrecht ° Dem einzelnen verliehene Rechte ° Verletzung durch einen Mitgliedstaat ° Pflicht zum Ersatz des dem einzelnen entstandenen Schadens ° Bestimmung des ersatzfähigen Schadens ° Anwendung des nationalen Rechts ° Grenzen. 6. Gemeinschaftsrecht ° Dem einzelnen verliehene Rechte ° Verletzung durch einen Mitgliedstaat ° Pflicht zum Ersatz des dem einzelnen entstandenen Schadens ° Voraussetzungen ° Ersatz nur der Schäden, die nach Erlaß eines Urteils eingetreten sind, in dem die in diesem Verstoß liegende Vertragsverletzung festgestellt wird ° Unzulässigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anwendung des Grundsatzes, daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, die diesen Staaten zuzurechnen sind, ist nicht ausgeschlossen, wenn der Verstoß eine unmittelbar anwendbare gemeinschaftsrechtliche Vorschrift betrifft.

Denn die dem einzelnen eingeräumte Möglichkeit, sich vor den nationalen Gerichten auf unmittelbar anwendbare Vorschriften zu berufen, stellt nur eine Mindestgarantie dar und reicht für sich allein nicht aus, um die uneingeschränkte Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Diese Möglichkeit, die der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften den Vorrang gegenüber nationalen Vorschriften verschaffen soll, ist nicht in allen Fällen geeignet, dem einzelnen die Inanspruchnahme der Rechte zu sichern, die ihm das Gemeinschaftsrecht verleiht, und insbesondere zu verhindern, daß er aufgrund eines einem Mitgliedstaat zuzurechnenden Verstosses gegen das Gemeinschaftsrecht einen Schaden erleidet.

2. Soweit der Vertrag keine Vorschriften enthält, die die Folgen von Verstössen der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich und genau regeln, hat der Gerichtshof in Erfüllung der ihm durch Artikel 164 des Vertrages übertragenen Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrages zu sichern, über eine solche Frage nach den allgemein anerkannten Auslegungsmethoden zu entscheiden, insbesondere indem er auf die Grundprinzipien der Gemeinschaftsrechtsordnung und gegebenenfalls auf allgemeine Grundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, zurückgreift.

3. Der Grundsatz, daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch diesen Staaten zuzurechnende Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, ist auch dann anwendbar, wenn die Verstösse auf den nationalen Gesetzgeber zurückgehen.

Dieser aus dem Wesen der mit dem Vertrag geschaffenen Rechtsordnung folgende Grundsatz gilt nämlich für jeden Fall des Verstosses eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht unabhängig davon, welches staatliche Organ durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß verursacht hat; die danach bestehende Verpflichtung zum Schadensersatz kann in Anbetracht des Grunderfordernisses der Gemeinschaftsrechtsordnung, das die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts darstellt, nicht von den internen Vorschriften über die Verteilung der Zuständigkeiten auf die durch die Verfassung eingesetzten Organe abhängen.

4. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen der Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht den Geschädigten einen Entschädigungsanspruch eröffnet, sind zunächst die Grundsätze der Gemeinschaftsrechtsordnung zu berücksichtigen, die die Grundlage der Staatshaftung ...

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