Entscheidungsstichwort (Thema)

Brennelementesteuer, Kernbrennstoff, Atomkraftwerk, Energieerzeugnissteuer, Unionsrechtmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, das Zweifel an der Vereinbarkeit einer nationalen Rechtsvorschrift sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit der Verfassung des betreffenden Mitgliedstaats hat, auch dann, wenn ein Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bei dem nationalen Gericht anhängig ist, das mit der Durchführung dieser Kontrolle betraut ist, befugt bzw. gegebenenfalls verpflichtet ist, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts vorzulegen.

2. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom und Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die Erhebung einer Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoff für die gewerbliche Erzeugung von elektrischem Strom vorsieht, nicht entgegenstehen.

3. Art. 107 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die Erhebung einer Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoff für die gewerbliche Erzeugung von elektrischem Strom vorsieht, nicht entgegensteht.

4. Art. 93 Abs. 1 EA, Art. 191 EA in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union, das dem EU-Vertrag, dem AEU-Vertrag und dem EAG-Vertrag beigefügt ist, sowie Art. 192 Abs. 2 EA in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 EA und Art. 2 Buchst. d EA sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die Erhebung einer Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoff für die gewerbliche Erzeugung von elektrischem Strom vorsieht, nicht entgegenstehen.

 

Normenkette

AEUV Art. 267; EGRL 96/2003 Art. 14 Abs. 1; AEUV Art. 107; EA Art. 93 Abs. 1, Art. 191

 

Beteiligte

Kernkraftwerke Lippe-Ems

Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH

Hauptzollamt Osnabrück

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Beschluss vom 19.11.2013; Aktenzeichen 4 K 122/13; DStRE 2014, 1255)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Art. 267 AEUV ‐ Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit ‐ Prüfung der Vereinbarkeit eines nationalen Gesetzes sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit der Verfassung des betreffenden Mitgliedstaats ‐ Möglichkeit für ein nationales Gericht, den Gerichtshof mit einer Vorlage zur Vorabentscheidung zu befassen ‐ Nationale Regelung, die die Erhebung einer Steuer auf Kernbrennstoff vorsieht ‐ Richtlinien 2003/96/EG und 2008/118/EG ‐ Art. 107 AEUV ‐ Art. 93 EA, 191 EA und 192 EA“

In der Rechtssache C-5/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. November 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2014, in dem Verfahren

Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH

gegen

Hauptzollamt Osnabrück

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte J. Lüdicke und G. Roderburg,

‐ des Hauptzollamts Osnabrück, vertreten durch C. Schürle und I. Schmidtke als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen und J. Heliskoski als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und R. Sauer als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Februar 2015

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 267 AEUV, Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51), Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12), Art. 107 AEUV, Art. 93 Abs. 1 EA, Art. 191 EA in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union, das dem EU-Vertrag, dem AEU-Vertrag und dem EAG-Vertrag beigefügt ist (im Folgenden: Pro...

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