Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzögerungen beim Verfahren zur Erstattung von Umsatzsteuern an ausländische Unternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Europäische Kommission hatte Italien wegen der systematischen Nichteinhaltung der nach der 8. EG-Richtlinie vorgeschriebenen Fristen für die Erstattung der Umsatzsteuer an ausländische Unternehmer erhoben. Italien habe zwar die 8. EG-Richtlinie korrekt in innerstaatliches Recht umgesetzt, halte sich jedoch nicht tatsächlich an deren normativen Gehalt, weil die Erstattungen mit unerträglichen Verspätungen vorgenommen würden.

Der EuGH hat dieser Klage stattgegeben und einen Verstoß Italiens gegen die 8. EG-Richtlinie festgestellt. Italien ist somit verpflichtet, die Verzögerungen bei dem Erstattungsverfahren dauerhaft zu beseitigen.

 

Beteiligte

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Italienische Republik

 

Gründe

Urteil des Gerichtshofes

In der Rechtssache C-287/91

Kommission der Europäischen Gemeinschaften[1], vertreten durch A. Aresu und D. Calleja Crespo, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Roberto Hayder, Vertreter des Juristischen Dienstes der Kommission, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Klägerin

gegen

Italienische Republik, vertreten durch Luigi Ferrari Bravo, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten, Beistand: Avvocato dello stato Ivo M. Braguglia, Zustellungsanschrift: Italienische Botschaft, 5, rue Marie-Adelaïde, Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 4 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (Abl. L 331, S. 11) – verstoßen hat, daß sie, ohne einzugreifen, um die nachteiligen Rechtswirkungen auf das Gemeinschaftsrecht ex tunc zu beseitigen, zuläßt, daß das Finanzministerium die Fristen für die Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige systematisch nicht einhält,

erläßt

Der Gerichtshof

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Due, der Kammerpräsidenten F. Grévisse und P. J. G. Kapteyn, der Richter G. F. Mancini, C. N. Kakouris, J. C. Moitinho de Almeida, M. Díez de Velasco, M. Zuleeg und J. L. Murray,

Generalanwalt: C. Gulmann

Kanzler: J.-G. Giraud

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Mai 1992,

folgendes

Urteil

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 15. November 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die italienische Regierung dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 4 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (Abl. L 331, S. 11) – verstoßen hat, daß sie, ohne einzugreifen, um die nachteiligen Rechtswirkungen auf das Gemeinschaftsrecht ex tunc zu beseitigen, zuläßt, daß das Finanzministerium die Fristen für die Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige systematisch nicht einhält.

2 Artikel 7 Absatz 4 der Achten Richtlinie lautet:

„Der Bescheid über die Erstattungsanträge muß binnen sechs Monaten zugestellt werden, nachdem diese mit allen in dieser Richtlinie zur Stützung des Antrags vorgeschriebenen Dokumenten der. .. zuständigen Behörde eingereicht worden sind. Die Steuererstattung muß vor Ablauf dieser Frist auf Antrag des Antragstellers entweder in dem Mitgliedstaat der Erstattung oder dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, erfolgen. Im letzteren Fall gehen die Bankkosten für die Überweisung zu Lasten des Antragstellers.”

3 Die Kommission hatte von Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten zahlreiche Beanstandungen im Hinblick auf Verzögerungen bei der Erstattung der Mehrwertsteuer durch die italienische Verwaltung erhalten. Sie beschloß daher, ein Verletzungsverfahren einzuleiten, und gab in diesem Rahmen der italienischen Regierung mit Schreiben vom 7. Februar 1990 Gelegenheit zur Äußerung. Da dieses Schreiben unbeantwortet blieb, gab die Kommission am 2. Juli 1990 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab. Nachdem auch diese ohne Antwort blieb, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

4 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

5 Die Kommission macht geltend, daß nach der Achten Richtlinie die Erstattung der Mehrwertsteuer binnen sechs Monaten erfolgen müsse, nachdem der Antrag mit allen zu seiner Stützung vorg...

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