BMF, 16.3.2021, IV C 1 - S 2252/19/10012 :011

Bezug: Neufassung des BMF-Schreibens vom 05.10.2000 (BStBl 2000 I S. 1508)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 (BStBl 2000 I S. 1508) wie folgt neu gefasst:

Aufgrund der Aufhebung des § 10 Absatz 1 Nummer 5 EStG und der Änderung des § 10 Nummer 2 KStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl 1999 I S. 402) können Zinsen auf Steuernachforderungen gemäß § 233a AO mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden. Demgegenüber führen Zinsen auf Steuererstattungen gemäß § 233a AO beim Gläubiger zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG oder in Verbindung mit § 20 Absatz 8 EStG zu Einkünften anderer Art. Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung von Zinsen führt regelmäßig nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit. Es handelt sich vielmehr um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, die konsequent daran anknüpft, dass private Schuldzinsen nicht abzugsfähig, Guthabenzinsen aber steuerpflichtig sind. Die Regelung kann jedoch in Einzelfällen zu einem sachlich unbilligen Ergebnis führen, wenn – bezogen auf die Steuerbemessungsgrundlage der Einkommen- oder Körperschaftsteuer – sowohl Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen gegenüber demselben Steuerpflichtigen auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Zur Vermeidung unbilliger Härten gilt nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Aus Gründen sachlicher Härte sind auf Antrag Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO nach § 163 AO nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen, soweit ihnen nicht abziehbare Nachzahlungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen. Dabei sind die Erstattungszinsen und die diesen gegenüberstehenden Nachzahlungszinsen auf den Betrag der jeweils tatsächlich festgelegten Zinsen begrenzt. Der Antrag ist bei dem für die Personensteuer örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.

Ereignis in diesem Sinne ist der einzelne Vorgang, der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erhöht oder vermindert (z. B. Erhöhung des Warenbestandes eines Jahres / Erhöhung des Wareneinsatzes im Folgejahr).

Beispiel 1 (sachliche Unbilligkeit liegt vor):

Eine Betriebsprüfung in 09 umfasst die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 04.

Veranlagungszeitraum 04  
Erhöhung des Warenbestandes = Gewinnerhöhung um 100
Einkommensteuer 04 + 50
Nachzahlungszinsen:  

Zinslauf 01.04.06 bis 31.12.09

(45 volle Monate × 0,5 % = 22,5 %)
11,25
Veranlagungszeitraum 05  
Erhöhung des Wareneinsatzes = Gewinnminderung um 100
Einkommensteuer 05 - 50
Erstattungszinsen:  

Zinslauf 01.04.07 bis 31.12.09

(33 volle Monate × 0,5 % = 16,5 %)
8,25

Die Erstattungszinsen in Höhe von 8,25 Euro sind auf Antrag nicht zu versteuern, weil ihnen

nicht abziehbare Nachzahlungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Beispiel 2 (sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor):

Eine Betriebsprüfung in 09 umfasst die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 05.

Veranlagungszeitraum 04  
Nichtanerkennung einer Teilwertabschreibung = Gewinnerhöhung um 100
Einkommensteuer 04 + 50
Nachzahlungszinsen:  

Zinslauf 01.04.06 bis 31.12.09

(45 volle Monate × 0,5 % = 22,5 %)
11,25
Veranlagungszeitraum 05  
Zusätzliche Betriebsausgaben = Gewinnminderung um 100
Einkommensteuer 05 - 50
Erstattungszinsen:  

Zinslauf 01.04.07 bis 31.12.09

(33 volle Monate × 0,5 % = 16,5 %)
8,25

Ein Verzicht auf die Versteuerung der Erstattungszinsen in Höhe von 8,25 Euro kommt nicht in Betracht, weil Nachzahlungs- und Erstattungszinsen auf unterschiedlichen Ereignissen beruhen.

Beispiel 3 (sachliche Unbilligkeit liegt vor):

Ein Steuerpflichtiger erklärt Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG).

Im Rahmen einer Betriebsprüfung werden diese in gewerbliche Einkünfte (§ 15 EStG) umqualifiziert. Hierdurch ergeben sich auf der einen Seite Nachzahlungszinsen zur Gewerbesteuer, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 4 Absatz 5b EStG).

Auf der anderen Seite führt dies – wegen der Steuerermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 35 EStG) – zu Erstattungszinsen zur Einkommensteuer, die als Einkünfte nach § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG zu versteuern wären.

Die Erstattungszinsen sind auf Antrag nicht zu versteuern, soweit ihnen nicht abziehbare Nachzahlungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Beispiel 4 (sachliche Unbilligkeit liegt vor):

Ein Steuerpflichtiger erklärt Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG).

Im Rahmen einer Betriebsprüfung werden diese in Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (§ 18 EStG) umqualifiziert.

Wegen des Wegfalls der Steuerermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 35 EStG) ergeben sich nicht abzugsfähige Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer (§ 12 Nummer 3 EStG).

Andererseits entstehen ...

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