Rz. 50

Im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten enthält IFRS 1 folgende Wahlrechte beim Übergang:

  • zusammengesetzte Finanzinstrumente,
  • Designation von bislang bereits angesetzten Finanzinstrumenten,
  • Ausbuchungsregeln nach IFRS 9,[1]
  • Ersteinbuchung von Finanzinstrumenten zum Fair Value,
  • Wahlrecht zur prospektiven Anwendung der Übergangsvorschriften des IFRIC 19 zur Umwandlung von finanziellen Verbindlichkeiten in Eigenkapital,
  • Designation von Verträgen zum Kauf oder Verkauf eines nicht-finanziellen Postens als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert und
  • Verzicht auf Stetigkeit im Falle der vorzeitigen Anwendung von IFRS 9.
 

Rz. 51

Zusammengesetzte Finanzinstrumente

Nach IAS 32 ist ein zusammengesetztes Finanzinstrument, beispielsweise eine Options- oder Wandelschuldverschreibung, bei Begebung in Eigenkapital- und Fremdkapitalkomponente aufzuteilen.[2] Darüber hinaus müsste bei retrospektiver Anwendung der IFRS-Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden das zu IFRS übergehende Unternehmen die Eigenkapitalkomponenten des zusammengesetzten Finanzinstruments trennen,[3] da sich die für die Verbindlichkeitskomponente aufgelaufenen Zinsen als Minderung der Gewinnrücklagen niederschlagen und die ursprünglich abgespaltene Eigenkapitalkomponente bei Aufteilung des Gesamtwerts für das zusammengesetzte Finanzinstrument einen Bestandteil der Kapitalrücklage bildet.

 

Rz. 52

IFRS 1.Appendix D 18 gestattet einem auf IFRS umstellenden Unternehmen in seiner IFRS-Eröffnungsbilanz, dass die Eigenkapitalkomponenten nicht getrennt werden müssen, sofern zum Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS-Rechnungslegung die Verbindlichkeitskomponente des zusammengesetzten Finanzinstruments abgegangen ist.

 

Rz. 53

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmen emittierte zum 1.1.2017 eine Wandelanleihe mit einem Emissionsvolumen von 1.000 Mio. EUR (Nominalwert). Der Nominalzins beträgt 4 % p. a. nachschüssig, die Laufzeit 3 Jahre. Eine Wandlung der Anleihe in 1.000 Stück Stammaktien zu 1 EUR je 1.000 EUR Schuldverschreibung erfolgt zum 1.1.2020. Der im Emissionszeitpunkt (1.1.2017) herrschende Marktzins für vergleichbare Schuldverschreibungen beläuft sich auf 6 % p. a.

 
  Barwert des Kapitalbetrags  
  (Abzinsung 3 Jahre, 6 % p. a.) 839,619 Mio. EUR
+ Barwert der nachschüssigen Zinszahlungen von jährlich 40 Mio. EUR  
  (Abzinsung mit 6 % p. a., 3 Jahre) 106,920 Mio. EUR
= Wert der finanziellen Schuldkomponente 946,539 Mio. EUR
  Gesamtwert des zusammengesetzten Finanzinstruments 1.000,000 Mio. EUR
Wert der finanziellen Schuldkomponente 946,539 Mio. EUR
= Wert der Eigenkapitalkomponente 53,461 Mio. EUR

Zum Stichtag 1.1.2021 erstellt das Unternehmen seine IFRS-Eröffnungsbilanz. Bei (konsequenter) retrospektiver Anwendung der IFRS sind 2 Eigenkapitalkomponenten in der IFRS-Eröffnungsbilanz zum 1.1.2021 auszuweisen, nämlich die ursprüngliche Eigenkapitalkomponente von + 53,461 Mio. EUR (Kapitalrücklage) und die Verminderung der Gewinnrücklagen, welche sich aus den kumulierten Zinsaufwendungen während der 3-jährigen Laufzeit der Anleihe zusammensetzt (– 173,461 Mio. EUR).

 
In Mio. EUR Verbindlichkeit Gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage Zinsauszahlung Zinsaufwand Gewinnrücklage (Vortrag)
1.1.2017 946,539   53,461      
31.12.2017 963,332   53,461 40,000 56,793  
31.12.2018 981,132   53,461 40,000 57,800 – 56,793
31.12.2019 1.000,000   53,461 40,000 58,868 – 114,593
1.1.2020   1.000,000 53,461     – 173,461

Sofern die Verbindlichkeitskomponente abgegangen ist (ab 1.1.2020), kann das zur IFRS-Rechnungslegung übergehende Unternehmen stattdessen den gesamten Eigenkapitaleffekt (– 120,000 Mio. EUR) auch in einer Position, z. B. in den Gewinnrücklagen, ausweisen. Falls das Unternehmen von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist de facto eine rückwirkende Aufspaltung zusammengesetzter Finanzinstrumente nicht erforderlich. Das Unternehmen hat bei Verzicht auf die Aufspaltung des zusammengesetzten Finanzinstruments in der Vergangenheit die effektiv angefallenen Zinsauszahlungen als Aufwendungen erfasst (jährlich 40,000 Mio. EUR, kumuliert für 3 Jahre: 120,000 Mio. EUR); diese haben sich unmittelbar als Verminderung der Gewinnrücklagen ausgewirkt.

 

Rz. 54

vorläufig frei

 

Rz. 55

Designation von bislang bereits angesetzten Finanzinstrumenten

Ebenso wie in der laufenden IFRS-Rechnungslegung nach IFRS 9 richtet sich die primäre Klassifizierung der finanziellen Vermögenswerte und finanziellen Verbindlichkeiten nach dem Geschäftsmodell und den Zahlungsstrombedingungen der Finanzinstrumente. Allerdings kann in der laufenden IFRS-Rechnungslegung unter bestimmten Voraussetzungen diese primäre Einordnung von finanziellen Vermögenswerten ebenso wie die grundsätzliche Klassifizierung von finanziellen Verbindlichkeiten durch Designation zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung der Finanzinstrumente verändert werden. Da der IASB davon ausgeht, dass – nach der bislang angewendeten landesrechtlichen Rechnungslegung – eine Dokumentation über die mit dem Erwerb von Finanzinstrumenten verbundenen Absichte...

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