Die Tarifprogression wird bei der Besteuerung von außerordentlichen Einkünften im Wege der Fünftelregelung abgeschwächt.[1] Danach ist in einem 1. Schritt zur Steuerberechnung für das Kalenderjahr, in dem die außerordentlichen Einkünfte zugeflossen sind, die Einkommensteuerschuld zu ermitteln, die sich ergibt, wenn in das zu versteuernde Einkommen die außerordentlichen Einkünfte nicht einbezogen werden. In einem 2. Schritt ist in einer Vergleichsrechnung diejenige Einkommensteuer zu errechnen, die sich unter Einbeziehung von 1/5 der als außerordentliche Einkünfte zu besteuernden Entschädigungen ergibt. Sodann ist in einem 3. Schritt der Unterschiedsbetrag zwischen beiden Steuerbeträgen zu verfünffachen. In einem 4. Schritt ist dieser Betrag der Einkommensteuer für das Einkommen ohne die außerordentlichen Einkünfte hinzuzurechnen. Die Summe ergibt die Einkommensteuerschuld unter Berücksichtigung der Tarifermäßigung für die außerordentlichen Einkünfte. Ist das zu versteuernde Einkommen ohne Einbezug der außerordentlichen Einkünfte (s. Beispiel 1) negativ und das zu versteuernde Einkommen inklusive außerordentlicher Einkünfte positiv, beträgt die Einkommensteuer das 5-Fache der auf 1/5 des positiven zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.[2]

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 EUR (ab 2023) ist vorrangig von den dem normalen Steuersatz unterliegenden Einnahmen abzuziehen. Bei der Ermittlung der nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG begünstigten außerordentlichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit darf der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nur insoweit abgezogen werden[3], als tariflich voll zu versteuernde Einnahmen dieser Einkunftsart dafür nicht mehr zur Verfügung stehen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1
Verbleibendes Einkommen ist negativ

Arbeitgeber und Arbeitnehmer (A) einigen sich wegen schlechter Arbeitslage, das vertraglich frühestens zum 31.12.2023 kündbare Arbeitsverhältnis bereits zum 31.1.2023 zu beenden und A ab 1.1.2023 von der Arbeit freizustellen. Der 56-Jährige, der 25 Jahre in diesem Arbeitsverhältnis stand, erhält am 31.1.2023 mit seinem letzten monatlichen Gehalt von 15.000 EUR eine Abfindung von 24.000 EUR und weitere Entlassungsentschädigungen von 80.000 EUR am 30.6.2023 und 85.000 EUR am 30.9.2023. Seine steuerlichen Abzugsbeträge (Werbungskosten, Sonderausgaben usw.) belaufen sich auf 20.000 EUR. A erzielt in 2023 keine weiteren Einkünfte. Die Einkommensteuerschuld 2023 errechnet sich wie folgt:

 
1. Das zu versteuernde Einkommen (zvE) ohne außerordentliche Einkünfte ist negativ (15.000 EUR Januar-Gehalt ./. 20.000 EUR Abzugsbeträge = ./. 5.000 EUR), sodass § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG eingreift.  
2. Zu versteuerndes Einkommen unter Berücksichtigung der außerordentlichen Einkünfte  
    EUR
  Januar-Gehalt 15.000
  Steuerpflichtige Abfindung 24.000
  Entlassungsentschädigung 30.6. 80.000
  Entlassungsentschädigung 30.9. 85.000
  Summe 204.000
  ./. Abzugsbeträge ./. 20.000
  Zu versteuerndes Einkommen (zvE) 184.000
3. 1/5 des zvE (184.000 EUR) 36.800
4. Steuer hierauf (Splittingtarif 2023) 3.106
5. ESt-Schuld 2023  
  (das 5-Fache von Ziff. 4) 15.530
 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2
Verbleibendes Einkommen ist positiv

Wäre das Arbeitsverhältnis in obigem Beispiel den ursprünglichen Vertragsvereinbarungen entsprechend unter Freistellung des Arbeitnehmers ab 1.1.2023 bei Fortzahlung der laufenden Bezüge von 180.000 EUR und einer am 31.12.2023 zu zahlenden Abfindung von 24.000 EUR erst zum 31.12.2023 beendet worden, würde sich die Einkommensteuerschuld 2023 bei sonst gleichem Sachverhalt wie folgt berechnen:

 
1. Einkommensteuer auf das zvE ohne Abfindung    
      EUR
  Laufendes Gehalt   180.000
  Abfindung/Außerordentliche Einkünfte   24.000
  Summe   204.000
  ./. Abzugsbeträge   ./. 20.000
  zvE ohne Anwendung des § 34 EStG   184.000
  ./. außerordentliche Einkünfte (s. o.)   ./. 24.000
  Verbleibendes zvE   160.000
  Einkommensteuer auf das zvE (Splittingtarif 2023)   47.254
2. Ermittlung der Einkommensteuer unter Einbeziehung von 1/5 der außerordentlichen Einkünfte
      EUR
  Verbleibendes zvE   160.000
  + 1/5 der außerordentlichen Einkünfte (24.000 EUR)   4.800
  Erhöhtes zvE   164.800
  Einkommensteuer auf erhöhtes zvE (Splittingtarif 2023)   49.270
3. Das 5-Fache des Unterschiedsbetrags (Ziff. 1 und Ziff. 2)    
      EUR
  Steuer auf erhöhtes zvE   49.270
  Steuer auf verbleibendes zvE   ./. 47.254
  Unterschiedsbetrag   2.016
  Das 5-Fache des Unterschiedsbetrags   10.080
4. Einkommensteuerschuld 2023    
      EUR
  Einkommensteuer auf verbleibendes zvE   47.254
  Einkommensteuer auf außerordentliche Einkünfte   10.080
  Einkommensteuer 2023   57.334

Unter der nach dem Sachverhalt zu unterstellenden Voraussetzung, dass im VZ 2023 wegen des Zuflusses der Abfindung von 24.000 EUR eine Zusammenballung[5] gegeben ist, beträgt die Steuerersparnis bei günstiger Gestaltung 57.334 EUR (Steuerschuld 2023 lt. Beispiel 2) ./. 15530 EUR (Steuerschuld 2023 lt. Beispiel 1) = 41.804 EUR. Es empfiehlt ...

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