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Nach § 289f Abs. 2 Nr. 2 HGB sind die angewandten wesentlichen Unternehmenspraktiken anzugeben, allerdings nur insoweit, wie sie über die gesetzlichen Anforderungen aus dem deutschen Recht hinausgehen. Eine Nennung der Praktiken ist ausreichend, allerdings ist anzugeben, wo diese öffentlich zugänglich sind. Es wird somit nicht explizit gefordert, in der (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung die angewandten Standards näher zu erläutern oder über deren Angemessenheit, Akzeptanz oder Einhaltung zu berichten. Gemeint sind grundlegende Unternehmensführungsstandards, die praktische Umsetzungen des anzuwendenden DCGK beinhalten oder aber die Regelungsbereiche betreffen, die ein Unternehmensführungskodex abdecken könnte, wie etwa unternehmensweit gültige ethische Standards, Arbeits- oder Sozialstandards, Nachhaltigkeitsstandards oder Richtlinien zur Compliance (DRS 20.K227). Hier kann es zu einer gewissen Überschneidung zu den Angaben zur nichtfinanziellen Erklärung kommen.[1] Ab dem Geschäftsjahr 2024, wenn die nichtfinanzielle Erklärung durch den Nachhaltigkeitsbericht ersetzt wird, sind dort explizit Bestandteile der Erklärung zur Unternehmensführung unter dem Aspekt der Governance der Nachhaltigkeit zu berichten bzw. zu wiederholen. Allerdings wurde die geplante Komplettübernahme der Erklärung zur Unternehmensführung in die ESRS im Rahmen der Konsultation gestoppt.[2] Angaben zum Diversitätskonzept und zur Besetzung der Führungs-und Überwachungsgremien werden allerdings weiter mit ESRS-Standards gefordert[3]- es bleibt abzuwarten, ob bei der Umsetzung der europäischen Vorgaben in das HGB hier noch Dubletten vermieden werden.

Die EU-Richtlinie 2006/46/EG empfiehlt an dieser Stelle auch, die Anwendung eines unternehmenseigenen Unternehmensführungskodex zu beschreiben[4]- eine Veröffentlichungspflicht der unternehmenseigenen Dokumente kann aus diesem Gesetz nicht abgeleitet werden, könnte aber nach § 10 Abs. 2 LkSG notwendig werden.[5] Zu den Dokumenten zählt insbesondere ein interner Verhaltenskodex ("Code of Conduct"), der den Mitarbeitern und Lieferanten einen Leitfaden für korrektes Handeln an die Hand gibt. An dieser Stelle könnte zudem über unternehmensspezifische Compliancestandards berichtet werden, die zur Einhaltung von Gesetzen und Vermeidung von Korruption beitragen sollen. Weitere denkbare Unternehmensführungspraktiken sind Regelungen zur Verschärfung der Besetzung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse hinsichtlich der Unabhängigkeit der Mitglieder oder zur inneren Organisation der Unternehmensorgane, oder relevante Anforderungen aus ausländischen Rechtssystemen, die sich durch internationale Tätigkeit der Unternehmung ergeben. Empirische Untersuchungen zeigen, dass deutsche Unternehmen hier primär unternehmenseigene Standards veröffentlichen.[6]

[4] Vgl. Richtlinie (EG) 2007/46 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14.6.2006, ABl. Nr. L224, Erwägungsgrund 10.
[5] Vgl. Müller et al., KoR 2022, S. 292 ff.
[6] Vgl. Demir/Müller/Needham, IRZ 2019, S. 337 ff.

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