Rz. 42

Ausgangsgröße und Verwendungsmöglichkeiten

§ 174 Abs. 1 Satz 1 AktG überträgt der Hauptversammlung die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns. "Sie ist hierbei an den festgestellten Jahresabschluss gebunden".[1]

 

Rz. 43

Der Bilanzgewinn, über dessen Verwendung die Hauptversammlung beschließt, entspricht dem Betrag, der nach § 158 Abs. 1 Nr. 5 AktG in der GuV auszuweisen ist. Die Höhe des Bilanzgewinns ist dabei zum einen abhängig von der Verwendung des Jahresüberschusses nach § 58 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 2a AktG sowie zum anderen von der Auflösung von Rücklagen.

 

Rz. 44

Der Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung verfolgt grundsätzlich die Zielsetzung der Ausschüttung des Bilanzgewinns an die Aktionäre. Gemäß § 58 Abs. 3 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung aber auch im Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns den gesamten Bilanzgewinn oder Teile davon in die Gewinnrücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. Sofern die Satzung die Hauptversammlung hierzu ermächtigt, ist darüber hinaus auch eine andere Form der Verwendung als die Einstellung in die Gewinnrücklagen oder der Vortrag als Gewinn möglich.[2] Im Rahmen einer solchen Satzungsermächtigung kann insbesondere auch eine andere Verwendung als die Verteilung unter den Aktionären beschlossen werden.[3] Zu weiteren Einzelheiten siehe die Rz. 46 ff.

 

Rz. 45

Die Hauptversammlung ist an den gemäß § 170 Abs. 2 AktG vorgelegten Gewinnverwendungsvorschlag des Vorstands nicht gebunden.[4] Sofern die Satzung nichts anderes bestimmt, bedarf zudem der Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung lediglich der einfachen Mehrheit.[5]

 

Rz. 46

Verteilung an die Aktionäre

Soweit die Hauptversammlung keine andere Verwendung des Bilanzgewinns insgesamt oder von Teilen des Bilanzgewinns vorsieht, kann sie die Voll- oder Teilausschüttung an die Aktionäre beschließen. Die Anteile der Aktionäre am Bilanzgewinn bestimmen sich hierbei i. d. R. nach ihren Anteilen am Grundkapital.[6] Die Aktionäre haben allerdings nur insoweit einen Anspruch auf die Ausschüttung des Bilanzgewinns insgesamt oder von Teilen des Bilanzgewinns, als er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch einen Hauptversammlungsbeschluss nach § 58 Abs. 3 AktG oder als zusätzlicher Aufwand aufgrund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung unter den Aktionären ausgeschlossen ist.[7] Ein solcher Anspruch "ist am dritten auf den Hauptversammlungsbeschluss folgenden Geschäftstag fällig".[8] In dem Hauptversammlungsbeschluss oder in der Satzung kann aber auch "eine spätere Fälligkeit festgelegt werden".[9]

 

Rz. 47

Der Gewinnanspruch der Aktionäre entsteht, sobald ein ordnungsgemäß festgestellter Jahresabschluss vorliegt, in dem ein Bilanzgewinn ausgewiesen wird.[10] Aus rechtlicher Sicht ist der Gewinnanspruch der Aktionäre allerdings kein Zahlungsanspruch, sondern vielmehr ein Anspruch auf die Herbeiführung eines Gewinnverwendungsbeschlusses. Erst mit der Vornahme des Gewinnverwendungsbeschlusses entsteht, sofern eine Ausschüttung vorgesehen ist, ein Zahlungsanspruch, der grundsätzlich auf Geld gerichtet ist; Sachdividenden sind jedoch, sofern die Satzung solche vorsieht, mit Zustimmung der Aktionäre zulässig.[11]

 

Rz. 48

Der Bilanzgewinn unterliegt u. U. aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift einem Ausschüttungsverbot. Diesbezügliche Regelungen bestehen im Anschluss an eine ordentliche Kapitalherabsetzung,[12] bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung[13] sowie vor allem aufgrund der in § 268 Abs. 8 HGB geforderten Ausschüttungssperre,[14] die bei der Ermittlung des an die Anteilseigner ausschüttungsfähigen Betrags zu berücksichtigen ist, sofern im Jahresabschluss der AG selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens,[15] aktive latente Steuern[16] oder Vermögensgegenstände i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zum beizulegenden Zeitwert gemäß § 253 Abs. 1 Satz 4 HGB aktiviert wurden.[17] Zweck dieser Ausschüttungssperre ist es, bei den genannten mit Unsicherheit behafteten Bilanzposten Gewinne nur in der Höhe auszuschütten, "dass die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags mindestens den aktivierten Beträgen der genannten Positionen – abzgl. der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern – entsprechen".[18] Der nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag ermittelt sich wie in Abb. 1 dargestellt:[19]

 
  selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (I)
+ Buchgewinne aus der Zeitwertbewertung von Pensionsvermögen (II)
+ aktive latente Steuern (Nettoaktivum nach der Saldierung mit passiven latenten Steuern) (III)
= Zwischensumme
passive latente Steuern auf (I) und (II)
= gesamter gesperrter Betrag nach § 268 Abs. 8 HGB

Abb. 1: Ermittlung des gesamten gesperrten Betrags nach § 268 Abs. 8 HGB

Das Gesetz verhindert durch den sich aus § 268 Abs. 8 HGB ergebenden Sperrbetrag eine Ausschüttung von noch nicht realisierten Erträgen an die Anteilseigne...

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