Der Erblasser kann einem Erben neben dessen Erbteil ein Vermächtnis zuwenden. Man spricht dann von einem Vorausvermächtnis.[1] In der Regel wird dies ein Miterbe oder ein Vorerbe sein. Denkbar ist aber auch ein Alleinerbe.

Das Vorausvermächtnis bietet mehrere Vorteile.

Der mit einem Vermächtnis begünstigte Miterbe muss nicht bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft warten, sondern kann den Vermächtnisgegenstand schon vorab fordern. Schlägt der Miterbe seine Erbschaft aus, bleibt ihm sein Vermächtnisanspruch erhalten. Möglich ist aber auch, dass der Miterbe sein Vermächtnis ausschlägt, dann bleibt ihm seine Erbschaft erhalten. Hat der Erblasser Vor- und Nacherbschaft angeordnet und dem Vorerben ein Vorausvermächtnis vermacht, erhält der Vorerbe den Vermächtnisgegenstand zu seiner freien Verfügung.[2] Das Vorausvermächtnis ist von der Teilungsanordnung abzugrenzen. Im Einzelnen hängt es vom Begünstigungswillen des Erblassers ab, ob ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung vorliegt.

 
Praxis-Beispiel

Vorausvermächtnis

Der Erblasser E hat seinen Sohn S und die Tochter T als Erben eingesetzt. Darüber hinaus hat E im Testament festgelegt, dass die Tochter T zudem noch das Grundstück X erhalten soll.

Lösung

Das Grundstück X ist als Vorausvermächtnis für T anzusehen.

Nach dem Urteil des OLG München kann die Ausschlagungsfiktion des § 2307 Abs. 2 Satz 2 BGB im Falle eines Vorausvermächtnisses nicht eintreten, wenn der mit dem Vorausvermächtnis bedachte Miterbe die Erbschaft bereits angenommen hat.[3]

Der Anspruch aus dem Vorausvermächtnis ist nicht allein gegen den anderen, in Erbengemeinschaft eingetragenen Miteigentümer geltend zu machen, sondern gegen die Erbengemeinschaft.[4]

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