Bei der Kürzungsmethode wird der Jahreswert in dem Maße gekürzt, in dem der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts durch die jeweiligen zur Anwendung kommenden Freibeträge gekürzt wird. Es ergibt sich folgende Formel.

 
Summe der Freibeträge = auf den Jahreswert anzusetzender Prozentsatz
Kapitalwert des Nießbrauchsrechts

Zur Inanspruchnahme der Kürzungsmethode hat die nießbrauchsberechtigte Person einen Antrag zu stellen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Erblasser E hat seine Tochter T zur Alleinerbin eingesetzt. Der 46-jährigen mittellosen Ehefrau F, mit der er bis zu seinem Tod in Gütertrennung gelebt hat, hat E ein Nießbrauchsvermächtnis an einem nicht zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück ausgesetzt. Der Steuerwert für das Grundstück beträgt 1.960.000 EUR. Der tatsächliche Jahreswert des Nießbrauchs beläuft sich auf 56.000 EUR. Der überlebenden Ehefrau stehen keine, den besonderen Versorgungsfreibetrag kürzende Versorgungsbezüge zu. E verstirbt im Januar 2024. Mit Abgabe der Erbschaftsteuererklärung stellt F den Antrag auf die Jahresversteuerung und darüber hinaus beantragt sie, dass die Freibeträge durch die Kürzungsmethode zur Geltung kommen sollen.

Ehefrau F ist hier ein Nießbrauchsvermächtnis vermacht worden, welches nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu besteuern ist. Die auf den Jahreswert zu entrichtende Erbschaftsteuer (unter Berücksichtigung der Kürzungsmethode) ermittelt sich wie folgt.

Zunächst ist der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts für Ehefrau F zu berechnen.

a) Ermittlung des Jahreswerts

Es ermittelt sich ein Jahreswert unter Berücksichtigung der Begrenzung nach § 16 BewG i. H. v. 105.376 EUR (1.960.000 EUR/18,6).

b) Ermittlung des Vervielfältigers

Das Alter der nießbrauchsberechtigten Person (Ehefrau F) beträgt 46 Jahre. Unter Zugrundelegung dieses Alters ergibt sich ein Vervielfältiger von 16,251.[2]

c) Kapitalwert des Nießbrauchsrechts

Der Jahreswert 105.376 EUR × Vervielfältiger 16,251 ergibt einen Kapitalwert für das Nießbrauchsrecht i. H. v. 1.712.465 EUR.

Im nächsten Schritt ist der auf den Jahreswert anzuwendende Steuersatz zu berechnen. Hierbei ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 ErbStG der Kapitalwert des Nießbrauchsrechts maßgebend.

 
Kapitalwert Nießbrauchsrecht 1.712.465 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR

abzüglich besonderer Versorgungsfreibetrag

(§ 17 Abs. 1 ErbStG)
./. 256.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 956.400 EUR

Für einen steuerpflichtigen Erwerb i. H. v. 956.400 EUR ergibt sich ein Steuersatz von 19 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG).

Die anteilige Verteilung der Freibeträge auf die einzelnen Jahreswerte ist entsprechend der Kürzungsmethode mit der obigen Formel zu errechnen.

 
756.000 (500.000 EUR + 256.000 EUR) = 44,14 %
1.712.465 (Kapitalwert des Nießbrauchsrechts)

Es ist somit ein gekürzter Jahreswert i. H. v. 58.863 EUR (55,86 % × 105.376) anzusetzen. Mit dem obigen errechneten Steuersatz von 19 % ergibt sich nun eine jährlich zu entrichtende Erbschaftsteuer i. H. v. 11.183 EUR (58.863 EUR × 19 %).

Ist neben dem Nießbrauchsrecht, welches der Jahresversteuerung unterliegt, auch anderes der Sofortversteuerung unterliegendes Vermögen vorhanden, so sind die Freibeträge aufzuteilen. Die Aufteilung erfolgt im Verhältnis des sofort zu besteuernden Erwerbs und dem Gesamterwerb.

Hier kann die folgende Formel zugrunde gelegt werden[3]:

 
Summe der Freibeträge  × sofort zu versteuernder Erwerb
Gesamterwerb
 
Achtung

Neue Vervielfältiger

Ab dem 1.1.2024 sind neue Vervielfältiger zu beachten. Diese wurden aufgrund der am 25.7.2023 veröffentlichten Sterbetafel 2020/2022 des Statistischen Bundesamtes ermittelt.[4]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Erblasserin E hat ihren Sohn S zum Alleinerben eingesetzt. Dem 40-jährigen Enkel EN hat E ein Nießbrauchsvermächtnis an einem nicht zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück vermacht. Der ermittelte Steuerwert für das Grundstück beträgt 485.500 EUR. Der tatsächliche Jahreswert des Nießbrauchsrechts beläuft sich auf 42.500 EUR. Des Weiteren hat die Erblasserin E den Enkel EN mit einem Geldvermächtnis i. H. v. 320.000 EUR bedacht. E verstirbt im Januar 2024. Mit Abgabe der Erbschaftsteuererklärung stellt EN den Antrag auf die Jahresversteuerung. Gleichzeitig beantragt er die Berücksichtigung des persönlichen Freibetrags nach der Kürzungsmethode.

EN hat das Nießbrauchsvermächtnis wie auch das Geldvermächtnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern. Da sich EN für die jährliche Entrichtung der Erbschaftsteuer auf den Jahreswert entschieden hat, sieht die weitere Berechnung wie folgt aus.

Die Ermittlung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts ergibt sich unter Berücksichtigung des § 16 BewG i. H. v. 26.102 EUR (485.500 EUR/18,6).

a) Ermittlung des Vervielfältigers

Das Alter der nießbrauchsberechtigten Person (Enkel E) beträgt 40 Jahre. Unter Zugrundelegung dieses Alters ergibt sich ein Vervielfältiger von 16,412.[5]

b) Kapitalwert des Nießbrauchsrechts

Der Jahreswert 26.102 EUR × Vervielfältiger 16,412 ergibt einen Kapitalwert für das Nießbrauchsrec...

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