Hier sind 3 Möglichkeiten denkbar.

  1. Das der Sofortversteuerung unterliegende Vermögen ist höher als die zu gewährenden Freibeträge. Dies ist die einfachste Variante, da nunmehr die Freibeträge schon verbraucht sind und die Jahresversteuerung ohne Berücksichtigung von Freibeträgen vorzunehmen ist. Denn die Finanzverwaltung lässt aus Vereinfachungsgründen den vorrangigen Abzug der Freibeträge bei dem der Sofortversteuerung unterliegenden Vermögen zu . Entsprechend ist auch bei der fiktiven steuerfreien Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG zu verfahren .[1]

     
    Praxis-Beispiel

    Beispiel 1

    Der Witwer W verstirbt am 25.1.2024. Er hinterlässt ein Testament, wonach sein 30-jähriger Sohn S zum Alleinerben eingesetzt ist. Der 13-jährigen Tochter T hat er einen lebenslänglichen Nießbrauch an einem nicht zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück vermacht. Darüber hinaus erhält diese ein Barvermächtnis i. H. v. 700.000 EUR. Der nach dem Ertragswertverfahren ermittelte Steuerwert des Grundstücks beläuft sich auf 488.000 EUR. Tochter T stehen keine Versorgungsbezüge zu, welche nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. T beantragt die Jahresversteuerung.

    Tochter T hat die beiden Vermächtnisse (Nießbrauchsvermächtnis und das Barvermächtnis) nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern. Da sich T für die jährliche Entrichtung der Erbschaftsteuer auf den Jahreswert entschieden hat, sieht die weitere Berechnung wie folgt aus.

     
    Barvermächtnis 700.000 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR

    abzüglich besonderer Versorgungsfreibetrag

    (§ 17 Abs. 2 ErbStG)[2]
    ./. 30.700 EUR
    Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 269.300 EUR

    Der Jahreswert des Nießbrauchsvermächtnisses ergibt sich unter Berücksichtigung der Begrenzung nach § 16 BewG i. d. H. von 26.236 EUR (488.000 EUR/18,6).

    Der persönliche Freibetrag i. H. v. 400.000 EUR und der Versorgungsfreibetrag i. H. v. 30.700 EUR sind hier schon durch das der Sofortversteuerung unterliegende Barvermächtnis berücksichtigt worden. Der Jahreswert des Nießbrauchsrechts unterliegt demnach der sofortigen Besteuerung.

     
    Hinweis

    Verschonungsabschlag gilt nicht für den Zuwendungsnießbrauch

    Der 10 %ige Verschonungsabschlag nach § 13d ErbStG gilt nicht für den Zuwendungsnießbrauch. Denn in diesem Fall wird kein begünstigtes Vermögen in seiner Substanz erworben.[3]

    Jedoch der Erwerber des belasteten Grundstücks kann den Verschonungsabschlag bei Begründung des Zuwendungsnießbrauchs in Anspruch nehmen.[4]

  2. Es ist kein Vermögen vorhanden, welches der Sofortversteuerung unterfällt.

    Hier ist die Aufzehrungsmethode anzuwenden. Das heißt, es entsteht solange keine Erbschaftsteuer auf den Jahreswert des Nießbrauchsrechts, bis dieser (Jahreswert) von den zu berücksichtigenden Freibeträgen aufgezehrt ist.[5]

     
    Praxis-Beispiel

    Beispiel 2

    Erblasser E hat seinen Sohn S zum Alleinerben eingesetzt. Dem 36-jährigen Enkel EN (Sohn der vorverstorbenen Tochter T) hat E ein Nießbrauchsvermächtnis an einem nicht zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück vermacht. Der ermittelte Steuerwert für das Grundstück beträgt 744.000 EUR. Der tatsächliche Jahreswert des Nießbrauchs beläuft sich auf 50.000 EUR. E verstirbt am 7.1.2024. Mit Abgabe der Erbschaftsteuererklärung stellt EN den Antrag auf die Jahresversteuerung.

    EN hat das Nießbrauchsvermächtnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern. Da sich EN für die jährliche Entrichtung der Erbschaftsteuer auf den Jahreswert entschieden hat, sieht die weitere Berechnung wie folgt aus.

    Hinsichtlich des persönlichen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. H. v. 400.000 EUR wird die Aufzehrungsmethode angewandt.[6] (EN hat nur einen Antrag auf Jahresversteuerung gestellt, nicht aber auf die Kürzungsmethode).

    Die Ermittlung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts ergibt sich unter Berücksichtigung des § 16 BewG i. H. v. 40.000 EUR (744.000 EUR/18,6).

    Da EN nur das Nießbrauchsvermächtnis vermacht wurde und kein anderes Vermögen, wird der ihm zustehende Freibetrag solange vom Jahreswert abgezogen. Bis dieser verbraucht ist. Aufgrund der Tatsache, dass der Freibetrag 400.000 EUR beträgt und der Jahreswert sich auf 40.000 EUR beläuft, ergibt sich für EN für die ersten 10 Jahre kein zu versteuernder Erwerb und somit auch keine erbschaftsteuerliche Belastung. Ab dem 11. Jahr hat dann EN den Jahreswert i. H. v. 40.000 EUR zu versteuern. Der anzuwendende Steuersatz errechnet sich wie folgt.

    a) Ermittlung des Vervielfältigers

    Das Alter der nießbrauchsberechtigten Person (Enkel EN) beträgt 36 Jahre. Unter Zugrundelegung dieses Alters ergibt sich ein Vervielfältiger von 16,832.[7]

    b) Kapitalwert des Nießbrauchsrechts

    Der Jahreswert 40.000 EUR × Vervielfältiger 16,832 ergibt einen Kapitalwert für das Nießbrauchsrecht i. H. v. 673.280 EUR.

     
    Kapitalwert Nießbrauchsrecht 673.2800 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
    steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 273.200 EUR

    Aus diesem steuerpflichtigen Erwerb ergibt sich gem. § 19 Abs. 1 ErbStG ein St...

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