Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG ist die auf den Vorerwerb tatsächlich zu entrichtende Steuer abzuziehen, sofern diese höher ist als die fiktive Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG (R E 14.1 Abs. 3 Satz 6 ErbStR 2019).

Durch diese Vorschrift kann das durch die frühere Steuerentrichtung geschaffene Anrechnungsvolumen nicht durch spätere Änderungen der persönlichen Verhältnisse des Erwerbers oder durch Änderung der gesetzlichen Vorschriften zur Steuerberechnung wieder verloren gehen.

[1]

 
Praxis-Beispiel

Tatsächliche Steuer ist höher als fiktive Steuer

S hatte am 1.12.2018 seiner Lebensgefährtin LG einen Geldbetrag i. H. v. 35.000 EUR zugewendet. Am 1.10. 2023 heiratet S seine Lebensgefährtin. Zwei Monate nach der Hochzeit schenkt er ihr nochmals einen Geldbetrag i. H. v. 550.000 EUR.

Lösung

Erste Zuwendung am 1.12.2018

 
Bargeld 35.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 15.000 EUR

Schenkungsteuer

(Steuersatz 30 %, § 19 Abs. 1 ErbStG)
4.500 EUR

Die tatsächlich zu entrichtende Steuer (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG) beträgt demnach 4.500 EUR.

Zweite Zuwendung in 2023

 
Bargeldschenkung aus 2023 550.000 EUR
Vorerwerb aus 2018 35.000 EUR
Gesamterwerb (nach Abrundung, § 10 Abs. 1 Satz 5 ErbStG) 585.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ./. 500.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 85.000 EUR
Schenkungsteuer (Steuersatz 11 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 9.350 EUR

Die Steuer auf den Gesamterwerb beläuft sich somit auf 9.350 EUR.

Berechnung der fiktiven Schenkungsteuer in 2023 auf den Vorerwerb aus 2018 (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG und R E 14.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019)

 
Bargeld 35.000 EUR  
abzüglich persönlicher Freibetrag ./. 20.000 EUR  
steuerpflichtiger Erwerb 15.000 EUR  
Schenkungsteuer (Steuersatz 7 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 1.050 EUR  

Die sich für den Vorerwerb ergebende fiktive Steuer beträgt somit 1.050 EUR.

 
Da die tatsächlich zu entrichtende Steuer höher ist als die fiktive Steuer, ist die tatsächlich zu entrichtende Steuer abzuziehen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG) ./. 4.500 EUR
Festzusetzende Schenkungsteuer (9.350 EUR ./. 4.500 EUR) 4.850 EUR
 
Hinweis

Mindeststeuer

Die Mindeststeuer (s. Tz. 3.5) in Höhe von 3.500 EUR wird nicht unterschritten.

Hat der Erwerber beim Vorerwerb nach § 13b Abs. 2 ErbStG begünstigtes Vermögen erhalten und hierfür den Steuererlass nach § 28a ErbStG beantragt, dann ist als tatsächlich zu entrichtende Steuer die Steuer vor Anwendung von § 28a ErbStG zu berücksichtigen (R E 14.1 Abs. 3 Satz 7 ErbStR 2019).

[1] Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2021, § 14 ErbStG, Rn. 11.

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