Ist der Pflichtteilsberechtigte der Alleinerbe des Verpflichteten, so bleibt trotz des zivilrechtlichen Erlöschens des Pflichtteilsanspruchs erbschaftsteuerrechtlich sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils als Folge der Regelung in § 10 Abs. 3 ErbStG bestehen. Erklärt der Berechtigte in einem solchen Fall gegenüber dem Finanzamt, er mache den Anspruch geltend, ist dies erbschaftsteuerrechtlich unabhängig davon zu berücksichtigen, ob der Verpflichtete damit rechnen musste, den Anspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt noch nicht verjährt ist. So der BFH im Leitsatz des Urteils vom 19.2.2013.[1]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel (angelehnt an den Urteilssachverhalt)

Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des Letztversterbenden

Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des Letztversterbenden

Die Eltern V und M errichten ein Berliner Testament. In diesem setzen sie sich gegenseitig als Alleinerben ein. Schlusserbin soll die Tochter T sein.

V verstirbt in 2022. M erbt als Alleinerbin 280.000 EUR. Erbschaftsteuer für M fällt nicht an, da die Erbschaft unterhalb des Freibetrags von 500.000 EUR liegt. T macht den Pflichtteil nicht geltend.

In 2023 verstirbt auch die M. Alleinerbin ist die Tochter T.

T macht in 2024 ihren Pflichtteil nach dem V in Höhe 70.000 EUR (= ¼ von 280.000 EUR) geltend. T teilt dies dem Finanzamt mit und beansprucht eine Steuerminderung von 10.500 EUR (= 15 % von 70.000 EUR).

Lösung: T kann als Alleinerbin der M auch nach dem Tod von M den Pflichtteil nach dem Vater geltend machen und bekommt somit vom BFH Recht. Es handelt sich dabei steuerlich um ein rückwirkendes Ereignis.[2]

 
Hinweis

Steuerlich relevante Vereinbarungen

Die Pflichtteilsstrafklausel ist im (Berliner) Testament so zu formulieren, dass sie nur greift, wenn der Pflichtteil entgegen dem Willen des Längstlebenden geltend gemacht wird.

Innerhalb der Verjährungsfrist ist eine Vereinbarung zu treffen, dass der Erbe (im obigen Beispielsfall also M) gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten auf die Einrede der Verjährung verzichtet.[3]

[3] Schäfer/Schlarb, Änderungen im Steuer- und Gesellschaftsrecht 2013/2014, S. 390,391.

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