Die Behaltensregelungen sind auch in den folgenden Fällen zu beachten:

a) Es wird begünstigtes Vermögen als Abfindung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG übertragen. Dies wird als schädlich angesehen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ausschlagung eines Vermächtnisses

Der Erwerber E hat von seiner Mutter M ein Vermächtnis erhalten. E schlägt kurz nach dem Erbfall jedoch sein Vermächtnis aus und erhält von der T (Tochter von M und deren Alleinerbin) einen Betrieb als Abfindung, den die T bei diesem Erbfall erworben hat.

Lösung

Zeitpunkt des Erbfalls: Der Erwerb des Betriebs bei T ist zunächst begünstigt.

Zeitpunkt der Übertragung des Betriebs als Abfindung: Nunmehr kommt es zur Nachversteuerung bei der Tochter T.

Ein Vermächtnis kann zivilrechtlich auch noch nach Ablauf der Fünf- bzw. Siebenjahresfrist ausgeschlagen werden. Für dieses gibt es keine Frist wie dies für die Ausschlagung einer Erbschaft gem. § 1942 BGB vorgesehen ist. Hierdurch kann die Nachversteuerung vermieden werden.

b) Ferner ist auch die Erfüllung anderer schuldrechtlichen Ansprüche durch die Hingabe von begünstigtem Vermögen schädlich. Unter diese schuldrechtliche Ansprüche fallen z. B. Geldvermächtnisse, Pflichtteilsansprüche oder der Zugewinnausgleichsanspruch.[2]

Hinzuweisen sei hier, dass diese nach dem Jahressteuergesetz 2020[3] nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit erworbenen steuerbefreiten Vermögensgegenständen stehen und somit zu einer Kürzung führen.[4]

  1. Anders sieht es dagegen in den folgenden Fällen aus, die die Finanzverwaltung nicht als schädlich einstuft:[5]

    Es geht begünstigtes Vermögen von Todes wegen über.[6] Dies kann z. B. durch Erbfall oder durch Vermächtnis sein.

     
    Praxis-Beispiel

    Begünstigtes Vermögen wird vom Erben weitervererbt

    Der Vater V verstirbt und hinterlässt seiner Tochter T (Alleinerbin) einen Betrieb. Dessen begünstigtes Vermögen (Verwaltungsvermögen ist nicht vorhanden) beträgt 7.200.000 EUR. Die T hat den Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Die Voraussetzungen liegen vor.

    Lösung

     
    begünstigtes Betriebsvermögen 8.500.000 EUR
    ./. 100 % Verschonungsabschlag ./. 8.500.000 EUR
    verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 0 EUR
    Bereicherung 0 EUR

    Es ergibt sich für die T keine erbschaftsteuerliche Belastung.

    Ergänzung des Sachverhalts: Drei Jahre nach dem Erbfall des V verstirbt auch T und wird von ihrem Enkel EN beerbt.

    Lösung

    Beurteilung für die T: Der Erbfall stellt kein nachsteuerauslösendes Ereignis dar. Es verbleibt somit bei der bisher gewährten Steuerbefreiung.

    Beurteilung für den Enkel EN: Dieser kann nun seinerseits ebenfalls die Verschonungsmaßnahmen in Anspruch nehmen.

  2. Es wird begünstigtes Vermögen durch Schenkung unter Lebenden weiter übertragen.[7] Bei teilentgeltlichen Zuwendungen gilt dies jedoch nur hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Zuwendung. Dagegen stellt der entgeltliche Teil der Zuwendung einen Verstoß gegen die Behaltensregelung dar.

     
    Hinweis

    Obligatorische Nutzungsrechte

    Zum Wegfall der Entlastungen führt nicht das Einräumen eines Nutzungsrechts an begünstigtem Vermögens, denn es wird kein begünstigtes Vermögen in seiner Substanz übertragen.[8]

[1] R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR 2019.
[2] R E 13a.12 Abs. 3 Nr. 2 ErbStR 2019.
[4] Gleich lautende Ländererlasse v. 13.9.2021, S 3700, BStBl. 2021 I S. 1837.
[5] .
[6] R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR 2019.
[7] R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 2 ErbStR 2019.
[8] S. auch H E 13a.12 ErbStH 2019.

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